Seite:Clementine Schrader - Der Hohlweg (1843).pdf/21

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Mann, Alles, was ich mir nur wünschen kann in meiner Einsamkeit. Hier hat der Himmel für mich gewählt, wenn es nicht – der Justizrath gewesen ist. (Es tritt ein Diener auf.)

Diener (anmeldend). Herr Justizrath Steinberg!

Graf. Wie gerufen! (Zum Diener) Mir angenehm! (Diener ab. Der Justizrath tritt ein.)

Justizrath. Guten Morgen, Herr Graf!

Graf. Seyn Sie bedankt, Herr Justizrath! Wie gehn die Geschäfte?

Justizrath. Geschäfte? – Geldgeschäfte überlasse ich den Banquiers! Prozesse giebt’s halt nicht viel, die Leute sind hier zu friedlich; aber Heiraths-Geschäfte, Herr Graf, Heiraths-Geschäfte, das ist mein Fach! Woll’n Sie glauben, daß ich in diesem Jahre schon drei Partieen hier in der Umgegend geschlossen habe, die alle Drei ganz vortrefflich und nach Wunsch ausgefallen sind? Heut aber geht’s an die Ihrige!

Graf. Das hat mir schon Ihr räthselvoller Brief gesagt, den Sie mir näher erklären werden!

Justizrath. Von Herzen gern! – Sie sagten mir, Sie wünschten sich zu verheirathen, aber Sie frequentirten nicht mehr die Salons der Residenz, Sie wünschten im Schooß Ihrer Wälder und Forsten, am liebsten, wie von Ungefähr, eine Ihrer würdige Bekanntschaft zu machen. Nun wohl, Herr Graf, ich habe für das Ungefähr gesorgt. Ich habe diesen Sommer eine reiche Wittwe kennen lernen, aus einem gräflichen Hause, deren Geschäftsführer ich bin. – Sie sollen sie noch heute sehen!

Graf. Auf welche Weise?

Justizrath. Ein Rendezvous, wie es ein französischer Novellist nicht besser improvisiren könnte. Meine Gräfin reist nach Wien, und passirt hier durch Schloppau. Unweit Ihres Schlosses bricht, wie von ungefähr, ein Rad an ihrem Wagen. Ich bin zur selben Stunde in der Nähe, sehe die Bestürzung der Dame, und lade sie zu meinem Freund und Gönner auf das Schloß.

Graf (in die Hände klatschend). Meine Ahnung!

Justizrath. Sie nehmen sie gütig auf, laden sie zum Mittagessen ein, beginnen bei der Suppe ein Gespräch, werden beim Ragout immer wärmer, sinken ihr bei dem Dessert zu Füßen, gesteh’n ihr Ihre Liebe –

Empfohlene Zitierweise:
Clementine Schrader: Der Hohlweg. Lustspiel in einem Akt. Vereins-Buchhandlung, Berlin 1843, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clementine_Schrader_-_Der_Hohlweg_(1843).pdf/21&oldid=- (Version vom 16.6.2023)