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Inzwischen brachte die neue Stellung ihm noch manche andere Aufträge. Zwar war er vollkommen frei von s. g. dienstlichen Geschäften; den Titel eines Directors führte er fort, hatte aber weder die Akademie, noch eine andere Anstalt zu leiten. Die erste Arbeit von grosser Bedeutung, welche Cornelius im Auftrag des Königs ausführte, war das Pathengeschenk an den Prinzen von Wales, bekannt unter dem Namen des „Glaubensschildes“, eines grossen runden Schildes von Silber, Gold und Edelsteinen, auf welchem in Reliefs und in geschnittenen Steinen nach den Zeichnungen von Cornelius ein evangelisches Glaubensbekenntniss in heiligen Personen und biblischen Geschichten in Verbindung mit der Geburt und Taufe des Kronprinzen von England und der Ankunft seines königlichen Pathen von Preussen in geist- und geschmackvollster Weise dargestellt ist.

Im Laufe des Sommers 1843 war der grosse Bauplan des Königs zur Reife gediehen, für dessen Ausführung Er besonders auf die thätige Theilnahme von Cornelius gerechnet hatte. An die Stelle des kleinen sehr unansehnlichen Domes in Berlin wollte Er ein Gebäude aufführen, das mit der Peterskirche in Rom, mit der Paulskirche in London wetteifern könnte. Daran sollte sich die Fürstengruft des Königshauses anschliessen mit einer nach innen offenen Friedhofhalle, einem „Campo santo“, deren Wände bestimmt waren, das „christliche Epos“ von Cornelius in Frescomalereien aufzunehmen. In diesem Auftrag sah Cornelius die Erfüllung der ihm wichtigsten, ja heiligsten Bestrebungen seines Lebens; und er begann die Ausführung desselben, obwohl er bereits das sechzigste Jahr zurückgelegt, mit aller Kraft und Frische der Jugend und erstieg damit die höchste Stufe seines künstlerischen Ruhmes.

Was das Neue Testament Trostreiches enthält bei dem Gedanken an den Tod, bei dem Bewusstsein der allgemeinen menschlichen Sündhaftigkeit und deren Folgen, das stellte Cornelius in einer grossen poetischen Conception in Bildern dar, die an Lebendigkeit der Motive wie an Tiefe der Auffassung, an Grossheit des Styls wie an ergreifender Gewalt des Ausdrucks weder in der neuen, noch selbst in der älteren Kunst ihres Gleichen haben und deren Kraft und Eigenthümlichkeit in den der Apokalypsis entnommenen Scenen gipfelt.

Erfüllt von seiner Aufgabe und nur in möglichster Unabhängigkeit und Ruhe ihr sich ganz widmen zu können ging er im Jahre 1843 wieder nach Rom.

Im Jahre 1832 hatte er seine ältere Tochter und seine Frau, eine geborene Römerin, durch den Tod verloren. Wiederum einer Römerin war es vorbehalten, ihm ein häusliches Glück zu bereiten; durch Procuration ihm angetraut war sie zu ihm nach München gekommen, mit ihm nach Berlin gezogen und hatte ihn auch nun nach Rom begleitet. – Während seines diessmaligen römischen Aufenthaltes, der nicht ganz ein Jahr dauerte, ward die erste Hälfte der Zeichnungen für das Campo santo entworfen; das ganze grosse Werk war 1845 soweit in Umrissen vollendet, dass es in Kupferstich veröffentlicht werden konnte. Zur Ausführung der ersten Cartons ging Cornelius wieder nach Rom, zeichnete daselbst den Carton zu den „apokalyptischen Reitern“, und kehrte im Jahre 1846 nach Berlin zurück, wo ihm inzwischen der König ein schönes Wohnhaus mit grossen Werkstätten auf dem „Königsplatz“ vor dem Brandenburger Thor hatte erbauen lassen.

Er widmete sich nun ganz der Lösung seiner grossen Aufgabe, in welcher er sich selbst durch die Revolution von 1848, die plötzlich die Geldquellen des Staates für ihn verstopft und die Sistierung der Honorar-Zahlungen herbeigeführt hatte, nicht stören liess. Kaum hatten sich die Wogen gelegt, (die Macht der Regierung war hergestellt,) als der König Seinen Dombauplan wieder aufnahm, und Cornelius beauftragte, einen Gemälde-Entwurf für die Absis des zu erbauenden Domes zu fertigen, wofür Er als Thema „die Erwartung des Jüngsten Gerichtes“ schon früher ihm angegeben hatte.

Auch für diese neue Aufgabe glaubte Cornelius die entsprechenden Kräfte nur in Rom sammeln zu können und ging – diessmal für eine längere Abwesenheit – im Mai 1853 nach der Siebenhügelstadt.

Grosse Veränderungen erlebte Preussen in den nächstfolgenden Jahren. Der König fing an zu kränkeln, und als Cornelius sein grosses coloriertes Blatt von der „Erwartung des Weltgerichts“ im Jahre 1856 nach Berlin gesendet, waren schon einige Nebelwolken über die Seele des Monarchen gezogen. Bald verdichteten sie sich so umnachtend, dass Sein königlicher Bruder das Scepter als Regent in die Hand nehmen musste. Auf Seinen Befehl wurden die Vorarbeiten für den Dom- und Composantobau wieder ernstlich in Angriff genommen und Cornelius zur Förderung derselben von Rom zurückberufen. Er verliess dasselbe im Mai 1861, fand aber in Berlin die Verhältnisse künstlerischen Unternehmungen durchaus ungünstig; in den massgebenden Kreisen vielmehr Alles von politischen Erwägungen eingenommen und auf Verstärkung

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)