Seite:DE Storm Auf dem Staatshof 31.jpg

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Weib noch darunter säße, damit Ihr alle auf einmal Euren Lohn bekämet!“

Auf Anne Lenes Antlitz drückte sich ein Erstaunen aus, als sei sie durch diese Worte wie von etwas völlig Unmöglichem betroffen worden. „Wieb,“ rief sie, „was sagt sie? Wen meint sie, Wieb?“

Mich übermannte bei dem Anblick meiner jungen hilflosen Freundin der Zorn; und ehe das Weib zu einer Antwort Zeit gewann, packte ich sie am Arm und zerrte sie den Hof hinunter bis hinaus auf den Weg. Aber noch als ich das Gitterthor hinter ihr zugeworfen hatte und wieder auf die Werfte hinauf ging, hörte ich sie ihre leidenschaftlichen Verwünschungen ausstoßen. „Geh nach Haus, Junge,“ schrie sie mir nach, „dein Vater ist ein ehrlicher Mann; was läufst Du mit der Dirne in der Welt umher!“

Drinnen im Gesindezimmer fand ich Anne Lene vor ihrer alten Wärterin auf den Knien liegen, den Kopf in ihren Schooß gedrückt. „Wieb,“ sprach sie leise, „sag mir die Wahrheit, Wieb!“

Die Alte schien um Worte verlegen. Sie schalt auf die Bettlerin, und redete dies und das von allgemeinen Dingen, indem sie ihre rauhe Hand liebkosend

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Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_31.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)