Hände. „Liebe Anne Lene,“ sagte ich, „ich bin eben angekommen; ich wollte Dich noch heute sehen!“
„Ich danke Dir, Marx,“ erwiderte sie, „ich wußte, daß Du dieser Tage kommen würdest.“ – Aber ihre Gedanken schienen nicht bei diesem Willkommen zu sein; denn sie wandte die Augen sogleich wieder von mir ab und begann auf dem Fußsteige weiter zu gehen. „Begleite mich noch ein wenig,“ fuhr sie fort, „wir gehen dann zusammen nach dem Hof zurück.“
„Aber es wird kalt, Anne Lene?“
„O, es ist nicht so kalt,“ sagte sie, indem sie das große Shawltuch fester um die Schultern zog. – So gingen wir denn weiter. Ich suchte allerlei Gespräch; aber keines wollte gelingen. Es wurde schon abendlich; ein feuchter Nordwest wehte vom Meer über die Landschaft, und vor uns auf dem Hafdeich sah man gegen den braunen Abendhimmel einzelne Fuhrwerke wie Schattenspiel vorbeipassiren. Nach einer Weile bemerkte ich einen Mann an der Seite des Deiches herabsteigen und uns auf dem Fußwege entgegen gehen. Es war der Postbote, der zweimal in der Woche für die Hofbesitzer die Briefe
Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_40.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)