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Mit Segeln und mit Rudern fortzuleiten!“

7
Da richtet’ ich mich auf zur weitern Bahn

Mit meinem Leib, obwohl gebeugt und bange[1]
Des Geistes Blicke noch zu Boden sahn,

10
Und folgte meinem Hort im regen Drange

Der Wißbegier und beide zeigten wir,
Wie leicht uns war, schon mit dem raschen Gange,[2]

13
Bis daß er sprach: „Zu Boden blicke hier,

Um, was dein Fuß beschreitet, zu gewahren,
Denn zu des Weges Kürzung frommt es dir.“

16
Wie, um der Freund’ Erinn’rung zu bewahren,

Auf ird’schen Gräbern dargestellt erscheint,
Was, die drin ruhen, einst im Leben waren,

19
So daß bei diesem Anblick Jeder weint,

Wenn die Erinn’rung schmerzt in frischer Wunde,[3]
Die den nur spornt, der’s fromm und redlich meint;

22
So wies der Vorsprung mir, der in der Runde,

Den Pfad dort bildend, jenen Berg umschloß,
Manch Bild, doch trefflicher, auf seinem Grunde.[4]

25
Ihn, edler, als was je der Erd’ entsproß,[5]

Erschaffen, sah ich, welcher mit der Eile
Des Blitzes hier vom Himmel niederschoß.

28
Dort aber auf des Weges anderm Theile,[6]

  1. 8. Wir werden in der Folge sehen, daß dem Dichter sein Gewissen sagt, er habe Ursache, diesen Kreis und die Lasten, die man in ihm trägt, zu fürchten. (S. Ges. 13, V. 136.)
  2. 12. Leicht, durch die Befreiung von einem Hauptfehler, dem Hochmuthe. (S. V. 118.)
  3. 20. Der Schmerz der Erinnerung an geliebte Todte, aufgefrischt durch äußere oder innere Veranlassung, spornt nur den, welcher frommen Gemüths ist, zum Fortschreiten auf dem Wege der Veredelung an.
  4. 24. Die Bilder begnadigter Demuth waren aufrechtstehend an der Seite des Felsen, die Bilder gestürzten Hochmuths liegen am Boden – nicht ohne selbst sich aussprechende Bedeutung. Vgl. auch V. 70 und zu 10, V. 28. Die Bilder sollen den Blick des Hochmüthigen auf den Boden leiten, folglich demüthig machen.
  5. 25. Satan, der Engel, welchen Gott für seinen Stolz aus dem Himmel verstieß.
  6. 28. [Die Vermischung biblischer und heidnischer Gestalten wird dem Leser, nach dem zu Hölle 3, 94 Bemerkten, weder hier noch sonst auffallen.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_263.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)