Wie ich die Sonn’ jetzt wiedersah, die sich
Jetzt eben senken wollt’ ins Bett der Wellen.
Ich aus der Wolk’, als wie aus dunkler Klause,
Zum Strahl, der sterbend schon am Strand erblich.
Weithin die Seel’ entrückst, daß man’s nicht spürt,
Ob rings umher Trompetenschall erbrause,
Das Himmelslicht erregt dich, das hernieder
Oft selber strömt, oft auch ein Wille führt.
Des Vogels barg, der ewig Reu’ und Gram
Verhaucht im Klang der süßen Klagelieder.
Hier meine Seel’ in sich, zu nichts sich neigend,
Und nichts aufnehmend, was von außen kam.
Ein Mann am Kreuz, so trotzig stolz, wie er
Im Leben war, sich auch im Tode zeigend.
Esther, sein Weib, und Mardochai, den Frommen,
In Wort und That – sie standen um ihn her.
Gleich einer Blase, die mit kurzem Schein
Im Wasser glänzt, wenn sie emporgeschwommen.
- ↑ XVII. 13–18. O Phantasie etc. Der Dichter leitet mit diesem Ausrufe die Vision ein, die er uns in den nächsten Terzinen erzählt, und erklärt die wunderbare Erscheinung, daß die Phantasie, ohne durch einen äußern sinnlichen Eindruck erregt zu sein, uns aus uns selbst zu dem Fremdartigsten führe, durch das himmlische Licht, welches das Universum durchströmt und oft nach Gottes Willen einen Gegenstand besonders erleuchtet.
- ↑ 19. Es folgen Beispiele verderblicher Wirkungen des Zorns. – Prokne wurde in eine Nachtigal verwandelt, um ewig ihren Sohn zu beklagen.
- ↑ 25. Ein Gekreuzigter, Haman (s. das Buch Esther).
- ↑ 34. Lavinia, Tochter der Amata, die sich aus Zorn und Verzweiflung [293] erhenkte, als sie glaubte, daß Aeneas den Turnus, ihrer Tochter Verlobten, getödtet habe, und nun die Tochter selbst ihr rauben werde. Aeneis XII.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_292.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)