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Du wirst daraus wohl durch dich selbst verstehn,

Wie ich ihr Loos mich sehnte zu erfahren,
Sobald mein Aug’ in ihren Glanz gesehn.

115
„Begnadigter, dem hier sich offenbaren[1]

Des ewigen Triumphes Thron’, eh’ dort
Du noch verlassen hast der Krieger Schaaren,

118
Wir sind entglüht vom Licht, das fort und fort

Den Himmel füllt – drum, wünschest du Erklärung
So sättige nach Wunsch dich unser Wort.“

121
Ein frommer Geist verhieß mir so Gewährung;

Beatrix drauf: „Sprich, sprich und glaub’ ihm fest,[2]
So fest, als wär’ es göttliche Belehrung.“

124
„„Ich sehe, würd’ger Geist, du hast dein Nest

Im eignen Licht, das, wie du lächelst, immer[3]
Mit hellerm Glanz dein Auge strahlen läßt.

127
Doch wer bist du? was ward der schwache Flimmer

Der niedern Sphäre dir zum Sitz gewährt,
Die uns umschleiert wird durch andern Schimmer?““[4]

130
So sprach ich, jenem Lichte zugekehrt,

Das erst gesprochen hatt’, und sah’s in Wogen
Von Strahlen drum weit mehr als erst verklärt.

133
Denn gleichwie Sol, von dichtem Dunst umzogen,

In zu gewalt’gen Glanz sich selber hüllt,
Wenn Glut der Nebel Schleier weggesogen;

136
So barg sich jetzt, von größrer Lust erfüllt,

Die heilige Gestalt im Strahlen-Ringe,
Und sie entgegnete mir, so verhüllt,

139
Das, was ich bald im nächsten Sange singe.
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  1. 115. 116. Hier, im Himmel. – Dort, auf Erden.
  2. 122. Vgl. Ges. 3 V. 31.
  3. [125. Diese Seligen strahlen eigenes Licht aus, was eine höhere Stufe, als im Mond, bedeutet. Vgl. zu 3, 70 ff.]
  4. 129. Der kleine Planet Merkur erscheint den Erdenbewohnern, weil er der Sonne so nahe ist, nur in der Dämmerung, und daher in sehr schwachem Lichte, weil das stärkere Licht der Sonne das seinige verschleiert.
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_427.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)