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Und, war die Ordnung diesen Zeichen gleich,
Einhaltend in des Fluges Schwung und schweigend.

82
Kalliope, die du die Geister reich

An Ruhme machst, sie ewig zu erhalten,
Wie sie durch die verew’gen Stadt und Reich:

85
Erleuchte mich, damit ich die Gestalten

Getreu beschreibe, jetzt mit deinem Strahl;
Laß deine Kraft in kurzen Reimen walten! –

88
Vokal’ und Consonanten – sieben mal

Fünf waren’s, die mein Auge dort ergetzten,
Auch merkt’ ich wohl die Ordnung dieser Zahl.

91
Diligite iustitiam – so setzten[1]

Erst Haupt- und Zeitwort sich; dann sieh sofort:
Qui iudicatis terram – als die letzten.

94
Und alles blieb beim M im fünften Wort

Geordnet stehn, hiermit das Werk vollbringend.
So stand die Schrift wie Gold in Silber dort.[2]

97
Ich sah viel andres Licht, sich niederschwingend

Zum Haupt des M, dort still und unbewegt,
Vom Gut, so schien es, das sie anzieht, singend.[3]

100
Dann, wie wenn man mit Feuerbränden schlägt,[4]

Draus unzählbare Funken sprühend flammen,
Woraus die Thorheit wahrzusagen pflegt,

103
So hoben dort sich mehr als tausend Flammen[5]

  1. 91–93. Diligite iustitiam qui iudicatis terram – liebt die Gerechtigkeit, ihr, die ihr die Erde richtet. [Weisheit 1, 1. Andeutung, welche Bewohner hier sind: Gerechte Fürsten. Vgl. Vorbem. zu Ges. 10.]
  2. 96. Das weiße Licht des Jupiter bildet den silbernen Grund, auf welchem die goldene Schrift, aus den seligen Geistern zusammengesetzt, sich zeigt.
  3. [99. Vom Gut etc. – von der Gerechtigkeit im Himmel und auf Erden.]
  4. 100. Lombardi bemerkt, es geschehe wohl noch jetzt, daß die Leute, wenn sie aus zwei zusammengeschlagenen Holzbränden unzählige Funken herausfahren sähen, ausriefen: So viel Zechinen! So viel Dublonen!
  5. [103 ff. Es erfolgt eine neue Evolution und zwar von dem M aus. Dieses gestattet nämlich, besonders nach alter Schreibeform, in seinen beiden äußeren Strichen die Flügel eines heraldischen Adlers zu sehen. Nachdem nun der größere Theil der, nach V. 97 über dem [509] M, zwischen dessen beiden Armen, niedergesenkten Seelen eine, Kopf und Hals andeutende, Spitze (dachartige) oben herüber gebildet (V. 103 ff.), so vollenden die übrigen, wie es scheint, die Figur von Hals und Kopf, V. 112 ff. – So steht denn der Adler da, das Machtsymbol des Weltkaiserthums (vgl. Fegf. 32, 112, Par. 6), welches D. im Himmel selbst gleichsam bekräftigt und verklärt zeigen will.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 508. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_508.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)