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Wie Jupiter, nähm’ man an seinen Gluten
Das hohe Roth des Marsgestirnes wahr.

16
Und jetzt gebot der Wink des ewig Guten,

Deß Vorsicht dort vertheilet Pflicht und Amt,[1]
Daß aller Sel’gen Wonnechöre ruhten.

19
Da hört’ ich: „Siehst du röther mich entflammt,[2]

So staune nicht – bei meinen Worten werden
Sich diese hier entflammen allesamt.

22
Der meines Stuhls sich anmaßt dort auf Erden,[3]

Des Stuhls, des Stuhls, auf dem kein Hirt jetzt wacht
Vor Christi Blick, zum Schutze seiner Heerden,

25
Hat meine Grabstatt zum Kloak gemacht[4]

Von Blut und Stank, drob der zu ew’gen Qualen[5]


  1. [17. Vgl. Ges. 21, 71.]
  2. 19. Das helle weiße Licht des Petrus hatte sich, wie V. 14 und 15 gesagt ist, geröthet. Ebenso ändern die übrigen Lichter die Farbe, aus heiligem Eifer über dasjenige, was V. 22 ff. gerügt wird.
  3. [22–60. In dieser gewaltigsten und – mit einer Ausnahme Ges. 29, 89 ff. – letzten Strafrede, worin die Päpste selbst, als Nachfolger Petri, vor Christi und der Apostel Richterstuhl im Vorhof des allerhöchsten Himmels, in welch’ letzterem alle diese Klagen schweigen, gestellt werden, setzt Dante allen seinen bisherigen, diesfallsigen Strafpredigten und dem Ausdruck seines starken, praktischen Reformationsverlangens die Krone auf. Der Leser gehe selbst von diesem Höhepunkt aus – an der Hand unsrer Gesangüberschriften – auf die ganze Stufenfolge der einzelnen Stellen und der darin hervorgehobenen Reformationsbedürfnisse zurück, welche hier ihren Abschluß findet! – Nachdem zunächst der alte Groll gegen Bonifaz VIII. entladen worden, welchen D., wie seinen Nachfolger Clemens V., gar nicht als Papst anerkennt und daher den Stuhl für unbesetzt erklärt (V. 22–27), sind es in Summa vier Vorwürfe, welche D. gegen das Papstthum als Papstthum schleudert: a) Habsucht und Streben nach weltlicher Macht (V. 40–45; vgl. Hölle 19, 115, Fegf. 32). b ) Trennung der Christenheit und Parteilichkeit, (V. 46–48). c) Entzündung von Religionskriegen innerhalb der Christenheit (nicht, wie D. billigt, gegen die Ungläubigen; V. 49–51). d) Mißbrauch auch der geistlichen Gewalt (V. 52–54. Dispensationen, Pfründen etc. vgl. Ges. 5, 73 ff.; 12, 88 ff.).
  4. 25. Meine Grabstatt, Rom, wo Petrus begraben ist.
  5. 26. Lucifer.
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 562. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_562.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)