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Denn dieses ließ die Wahrheit mich so klar,
Wie einen Stern am reinen Himmel schauen.

88
Und als ihr heil’ges Wort beendet war,

Da stellten anders nicht, als siedend Eisen,
Sich jene Kreise, Funkend sprühend, dar.

91
Die Funken folgten den entflammten Kreisen

In größrer Meng’, als durch Verdoppelung
Schachfelder sich vertausendfacht erweisen.[1]

94
Dem festen Punkt, der sie ohn’ Aenderung

Dort, wo er sie erhält, auch wird erhalten,
Scholl Lobgesang aus dieser Kreise Schwung.

97
„Zwei Kreise sieh dem Punkt zunächst sich halten,“[2]

Sie sprach’s, stets wissend, was mein Geist ersinnt,
„Und Seraphim und Cherubim drin walten.

100
Sie folgen ihren Fesseln so geschwind,[3]

So viel sie können, Ihm sich anzuschließen,
Und können’s, wie sie hoch im Schauen sind.

103
Die Gluten drauf, die diese rings umfließen,

Die Throne sind’s, von Gottes Angesicht
Benannt, weil sie die erste Dreizahl schließen.

106
So groß ist Aller Wonn’, als ihr Gesicht,

Tief in die ew’ge Wahrheit eingedrungen,


  1. [93. Man kennt die Geschichte, wornach der Erfinder des Schachspiels von seinem Fürsten so viele Getreidekörner zum Lohn forderte, als herauskämen, wenn man auf das erste Feld des Bretts ein Korn und auf jedes weitere immer doppelt soviele legen würde, als auf das vorangegangene. Der König lachte ob der Kleinigkeit, bis ihm der Andere nachwies, daß die ungeheuerste Zahl von vielen Billionen und mehr herauskomme.]
  2. [97. Die Hierarchie der Engel im Einzelnen, wie sie im Folgenden dargestellt wird, ist, nächst den Stellen Ephes. 1, 21, Col. 1, 16, dem Pseudo-Dionysius (Areopagita), V. 115 ff., speziell seinem Buch „de coelesti hierarchia“ entnommen.]
  3. [100 ff. Vgl. zu 45. „Ihre Fesseln,“ die Bande der Liebe, die sie ewig in Gottes Nähe fesselt, aber auch ewig umschwingt, um sich Ihm immer näher zu verbinden – was sie nach dem Maß ihres Schauens erreichen. Denn, V. 109 ff., je mehr wir Gott erkennen, desto mehr lieben wir ihn. – Darum ist ja durch’s ganze Paradies das „Schauen Gottes“ die Seligkeit, die der Mensch erringen soll, wie sie der Engel schon hat. Und gleichwie unter den seligen Seelen Stufen des Schauens sind – vgl. Vorbem. S. 398 und zu Parad. 3, 49; 4, 19 – so unter den seligen Engeln.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 573. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_573.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)