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Als meiner Tuba, die ich also richte,
Wie sie beenden kann den schweren Sang,

37
Sprach sie, mit Ton, Geberd’ und Angesichte

Eifrigen Führers froh zu mir: „Du bist[1]
Gelangt zum Himmel nun von reinem Lichte,

40
Von geist’gem Licht, das nur ein Lieben ist,

Ein Lieben jenes Guts, des ewig wahren,
Von Lust, mit der kein andres Glück sich mißt.

43
Du siehst hier beide Himmelskrieger-Schaaren,[2]

Und siehst die ein’ in jener Hülle heut’,[3]
Wie du sie wirst beim Weltgericht gewahren.“

46
Wie jäher Blitz des Auges Kraft zerstreut,[4]

So, daß er jeden Gegenstand umdunkelt,
Den stärksten selbst, der sich dem Blicke beut,

49
So ward ich von lebend’gem Licht umfunkelt,

Deß Glanz mir that, wie uns ein Schleier thut,
Denn Alles außer ihm war mir verdunkelt.

52
„Die Lieb’, in welcher dieser Himmel ruht,

Pflegt so in sich zum Heile zu empfangen,
Und macht die Kerz’ empfänglich ihrer Glut.“

55
Wie mir die kurzen Wort’ in’s Inn’re drangen,

Da fühlt’ ich, daß sich Geist mir und Gemüth[5]


  1. [38 ff. Wörtlich: „aus dem größten (und letzten) Körper (primum mobile) sind wir gelangt zum (körperlosen, eigentlichen) Himmel, der reines Licht ist, intellektuelles Licht, voll von Liebe, von Liebe des wahren Guten voller Wonne, einer Wonne, welche alle Süßigkeit übersteigt.“ Die herrliche Steigerung der letzten Verse in den sich wiederholenden und gleichsam immer voller entfaltenden Begriffen „Liebe und Wonne“, wird nicht unbemerkt bleiben. – Die Vorstellung vom Empyreum geht aus der Stelle genugsam hervor. Uebrigens vgl. die früheren Bemerkungen auf S. 398, ferner zu Ges. 1, 1–4; 2, 112–144; 27, 106–120 und 28, 25–78, bzhw. 64 ff. – Was von Gott zu V. 11 ff. bemerkt, gilt auch vom Empyreum, daß es gleichsam zugleich Peripherie und Mittelpunkt des ganzen Alls ist.]
  2. 43. Beide Himmels-Kriegerschaaren – die guten Engel, welche gegen die Bösen stritten, und die Seelen der Menschen, welche die bösen Neigungen siegreich bekämpften.
  3. 44. Die eine, die der Menschen. Ohne noch mit dem Körper wieder vereinigt zu sein, was erst beim Weltgericht geschehen wird, wird sie dem Auge des Dichters schon in körperlicher Form erscheinen.
  4. [46 ff., 61 ff. u. s. w., in der Vorbem. erklärt.]
  5. 56 ff. Vgl. Ges. 23, 43 ff.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 589. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_589.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)