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hatte ich keine drei Meilen entfernt im Osten vor mir. Ich wandte mich nun, nachdem ich die Jolle halb auf den Strand gezogen und sorgfältig mit einer Kette festgelegt hatte, nach Süden, um den bisher ganz unerforschten mittleren Teil von Kerguelenland eine Strecke weit zu durchwandern. In einem bequemen Rucksack trug ich den Proviant und manches andere auf dem Rücken.

Gegen 6 Uhr nachmittag hatte ich die felsigen Höhen überwunden, die, in zahlreichen parallelen Ketten angeordnet, mir den Weg versperrten. Eine traurige Felseneinöde ist’s, in der man immer wieder auf kennzeichnende Spuren früherer vulkanischer Vorgänge stößt; auf Lavafelder, Bimssteinanhäufungen und mächtige Steine, die zur Hälfte mit einer Lavakruste umgeben sind. Kein Baum, kein Strauch, keine Pflanze außer einigen grauen, armseligen Flechten gibt es in dieser Steinwildnis; kein Tier ist vorhanden, das der menschliche Eindringling aufscheuchen könnte. Totenstille ringsum. Und in dieser Einsamkeit, die selbst mich schwer bedrückte, wanderte ich stundenlang dahin, mich lediglich nach der Nadel meines Taschenkompasses richtend, – immer nach Süden zu.

Endlich wurde das Land ebener. Ich sah jedoch vor mir – ich schätzte die Entfernung auf fünf Meilen – abermals einen Gebirgszug aufsteigen, bis zu dessen Fuß ich vorzudringen beschloß.

Das Landschaftsbild war jetzt ein weniger trostloses als bisher, aber immer noch eintönig genug, trotz der zahlreichen Seen und Flüsse und Bäche, die ich antraf und die mich oft zu großen Umwegen zwangen. Diese Eintönigkeit wird durch das gänzliche Fehlen von Bäumen hervorgerufen. Nur eine einzige Pflanze, der Kerguelenkohl, erreicht hier eine solche Höhe, daß sie einen Baum vortäuschen könnte. Dieser Kerguelenkohl ist ein naher Verwandter unseres deutschen Kohles, was er dadurch beweist, daß seine Blätter sich kohlkopfartig zusammenschließen. Im übrigen weicht sein Äußeres aber vollständig von dem seines mitteleuropäischen Vetters ab. Seltsam genug

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W. Belka: Das Gold der Najade. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Gold_der_Najade.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)