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Mit einem Satz war Berger vom Fenster weg und ließ sich schnell auf sein Lager nieder.

Liau-Tse, den Revolver in der Rechten, trat mit grimmer Miene ein.

„Master Kapitän“, fuhr er Berger an, „wozu habt Ihr das Guckloch verstopft – he?! Ihr habt mein Verbot überschritten, ganz sicher, und ich könnte Euch daher …“

Berger lachte laut auf, so daß der Chinese verletzt schwieg.

„Du könntest mich daher totschießen“, vollendete der Kapitän jetzt den Satz. „Gewiß – Du könntet …!! Aber Dein Revolver ist nur ein Spielzeug, nichts weiter! Ich habe vorgestern heimlich aus den Patronen das Pulver entfernt, als Du unser Mittagsmahl herrichtetest.“

Liau-Tse machte ein so verblüfftes Gesicht, daß Berger abermals lachen mußte. Dann sagte der Chinese kopfschüttelnd, indem er den Revolver in die Tasche schob:

„Ihr seid noch schlauer als Kiato, Master Kapitän, – wahrhaftig! Aber Ihr seid auch ein ehrlicher Herr! Ich war jetzt wehrlos, und Ihr habt mich doch nicht zu überrumpeln versucht.“

Und nach einem Augenblick des Nachdenkens fügte er hinzu:

„Kommt mit! Ich will Euch einen Toten zeigen, den die Strömung soeben in die Höhle getragen hat.“

Berger schaute den Chinesen ungläubig an.

„Einen Toten …?! … die Strömung … in die Höhle …?! Wie hängt das zusammen?!“

„Ihr werdet schon sehen …! Folgt mir!“

Liau-Tse schritt auf die eiserne Tür zu, die an der Südseite der Höhle in die hier errichtete Mauer eingefügt war. Den Schlüssel zu dem Schloß – dieses war feinste chinesische Kunstarbeit – holte der Wächter aus einem Versteck hervor.

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Das Piratennest auf Neu-Helgoland. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Piratennest_auf_Neu-Helgoland.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)