Seite:Das graue Gespenst.pdf/80

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

verkrüppelten Birnbaum hochgerankt hatten und ihm daher vorzügliche Deckung boten. Langsam zog er seinen Pelerinenmantel aus, faltete ihn zusammen und legte ihn vor sich auf den Boden. Dasselbe tat der mit dem grauen Anzug, den er über einen anderen, etwas engeren und dunkler gefärbten gezogen hatte. Darauf entnahm er seiner Reisetasche eine erdfarbene, weiche Reisemütze und vertauschte sie gegen den schwarzen, steifen Hut. Auch die Brille wanderte als oberstes Stück auf den Kleiderhaufen. Alle übrigen Requisiten seines Handwerks trug Fritz Schaper bei sich: die Mehrladepistole, die elektrische Taschenlampe, ein Taschenstemmeisen und ein paar feingearbeitete Nachschlüssel. – Auf seine dünnsohligen Schnürstiefel konnte er sich verlassen. Die knarrten nicht.

Lautlos, wie ein Schatten, huschte er nun auf die Mauer zu. Da – wieder dasselbe Geräusch. Er stand eine Weile und horchte. In unregelmäßigen Zwischenräumen wiederholte sich dieses dumpfe Knarren. Bisweilen krachte es auch wie von brechendem Holz. – Es half nichts. Er mußte hinüber. – So suchte er sich denn eine bequeme Stelle aus, wo er die Mauer unschwer übersteigen konnte.

Fünf Minuten später lag er seine acht Meter von der Prior-Kapelle entfernt in einem dichten Gebüsch und starrte unverwandt nach dem halbverfallenen Gemäuer hinüber. Ein paar Gestalten bewegten sich dort. Hin und wieder blitzte auch der Lichtschein einer Laterne auf. Dann knarrten Balken, ertönten dumpfe Schläge. Er hörte auch leise sprechen. Aber die Worte verstand er nicht. Jetzt schleppen zwei Mann eine Leiter zu der Eingangstür der Kapelle, während ein dritter ihnen leuchtete. Die Leiter wurde aufgerichtet, und einer der Männer kletterte bis zu dem spitzen, schweren Ziegeldach empor. Rasselnde, quietschende Töne. – Eine Säge, dachte Schaper. – Und

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Das graue Gespenst. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_graue_Gespenst.pdf/80&oldid=- (Version vom 31.7.2018)