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§ 49. Die algebraischen Eigenschaften des Trägheitskörpers und der Verzweigungskörper. Die Darstellung der Zahlen des Galoisschen Körpers durch Wurzeln im Bereiche des Zerlegungskörpers.

Mit Benutzung der eben definierten Begriffe lassen sich in sehr einfacher Weise einige wichtige algebraische Eigenschaften des Zerlegungs- und des Trägheitskörpers, sowie der Verzweigungskörper aussprechen, welche eine unmittelbare Folge der oben bewiesenen Eigenschaften ihrer Gruppen sind. Es ergeben sich folgende Tatsachen:

Satz 81. Der Trägheitskörper ist relativ zyklisch vom Relativgrade in bezug auf den Zerlegungskörper . Der Verzweigungskörper ist relativ zyklisch vom Relativgrade in bezug auf den Trägheitskörper . Der einmal überstrichene Verzweigungskörper ist ein relativ Abelscher vom Relativgrade in bezug auf den Verzweigungskörper ; der Körper ist ein relativ Abelscher vom Relativgrade in bezug auf usf. Die Abelschen Relativgruppen der Körper , , … enthalten lediglich Substitutionen vom -ten Grade.

Nach diesem Satze 81 geschieht also die Spaltung in gleiche Faktoren stets mittels einer Kette Abelscher Gleichungen, und dieses Resultat drückt eine neue überraschende Eigenschaft des Zerlegungskörpers aus:

Satz 82. Der Zerlegungskörper eines jeden Primideals in bestimmt einen Rationalitätsbereich, in welchem die Zahlen des ursprünglichen Galoisschen Körpers lediglich durch Wurzelausdrücke darstellbar sind.

Dieser Satz 82 rückt zugleich die Bedeutung der Theorie der durch Wurzelziehen lösbaren Gleichungen in helles Licht; denn er zeigt, daß bei dem Prozeß der Zerlegung der Zahlen in Primideale die wichtigsten und schwierigsten Vorgänge sich gerade in solchen Relativkörpern abspielen, deren Zahlen in einem gewissen Rationalitätsbereiche durch Wurzelausdrücke darstellbar sind.

§ 50. Die Dichtigkeit der Primideale ersten Grades und der Zusammenhang dieser Dichtigkeit mit den algebraischen Eigenschaften eines Zahlkörpers.

Es ist eine merkwürdige Tatsache, daß die Häufigkeit gewisser Primideale ersten Grades in einem Zahlkörper Schlüsse auf die algebraische Natur desselben zuläßt [Kronecker (14[1])].

Es sei ein beliebiger Zahlkörper -ten Grades, und es bedeute allgemein eine rationale Primzahl, in der genau voneinander verschiedene Primideale ersten Grades aufgehen. Wenn dann der Limes


  1. [359] Über die Irreduktibilität von Gleichungen. Ber. K. Akad. Wiss. Berlin 1880.[WS 1]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Kronecker, Leopold: Über die Irreductibilität von Gleichungen, in: Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1880, S. 155–162 Berlin-Brandenburgische Akademie
Empfohlene Zitierweise:
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/159&oldid=- (Version vom 31.7.2018)