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Die Relativgruppe des Klassenkörpers ist mit derjenigen Abelschen Gruppe holoedrisch isomorph, die durch die Zusammensetzung der Idealklassen in bestimmt wird[1].

Diejenigen Primideale des Körpers , welche der nämlichen, Idealklasse von , im engeren Sinne verstanden, angehören, erfahren im Klassenkörper eine Zerlegung in Primideale der nämlichen Anzahl und der nämlichen Grade, so daß die weitere Zerlegung eines Primideals des Körpers im Körper nur von der Klasse abhängt, der das Primideal im Körper angehört.

Definition 7. Eine ganze Zahl des Klassenkörpers heiße eine Ambige dieses Körpers , wenn sie die beiden folgenden Bedingungen erfüllt:

a) Die ganze Zahl sei total positiv (vgl. Definition 5); d. h. das durch dargestellte Ideal gehöre auch im engeren Sinne der Hauptklasse in an.

b) Jede zu relativkonjugierte Zahl soll sich von nur um einen Faktor unterscheiden, welcher eine Einheit in ist.

Eine Ambige heiße eine Primambige, wenn sie nicht eine Einheit ist und sich nicht als ein Produkt von zwei Ambigen darstellen läßt, von denen keine eine Einheit ist.

Satz 15 Jede Ambige des Klassenkörpers stellt eim Ideal des Grundkörpers dar und umgekehrt jedes Ideal des Grundkörpers läßt sich durch eine Ambige des Klassenkörpers darstellen; diese ist abgesehen von einem Einheitsfaktor durch jenes Ideal bestimmt.

Jede Ambige des Klassenkörpers ist mithin auf eine und nur auf eine Weise in ein Produkt von Primambigen zerlegbar, wenn man dabei von der Willkür der auftretenden Einheitsfaktoren absieht.

Die in diesem Satze aufgestellte Eigenschaft kommt unter allen relativ-Abelschen Körpern in bezug auf allein dem Klassenkörper zu[2].

Das allgemeinste Reziprozitätsgesetz für quadratische Reste drückt sich auch in dem beliebigen Körper durch die Formel des Satzes 7 aus. Auch das Reziprozitätsgesetz für höhere Potenzreste gestattet eine ebenso einfache und allgemeingültige Fassung[3].

Endlich sei noch bemerkt, daß die zugehörige Verallgemeinerung dieser Entwicklungen zur Begründung einer Theorie der „Ringklassenkörper“ führt, d. h. solcher relativ-Abelscher Körper in bezug auf , die zu den Idealklassen eines Ringes in in einem entsprechenden engen Zusammenhange stehen, wie der hier behandelte Klassenkörper zu den gewöhnlichen Idealklassen des Körpers .


  1. Man vergleiche hierzu die Untersuchungen von H. Weber: Über Zahlengruppen in algebraischen Körpern, Math. Ann. 48, 433 und 49, 83.
  2. In speziellen Fällen auch schon einem echten Unterkörper von . [Anm. d. Her.]
  3. Vgl. die Preisaufgabe der K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen für des Jahr 1901. Math. Ann. 51, 159. Die preisgekrönte Arbeit von Furtwängler erscheint demnächst in den Abhandlungen der K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, math.phys.Kl. (Neue Folge II, Nr. 3. 1902.)
Empfohlene Zitierweise:
David Hilbert: David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie. Julius Springer, Göttingen 1932, Seite 509. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:David_Hilbert_Gesammelte_Abhandlungen_Bd_1.djvu/526&oldid=- (Version vom 30.11.2017)