Seite:De Alemannia XII 114.jpg

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schreiben dem Orte jedoch ein vil größeres Alter, ein heidnisches, zu. Zu unterstüzen scheint diß der Name Enteneck[1], der nahe ligende Ort Dreiheiligen, ein gallorömisches Grabfeld und die uralte Befestigung das Heidenschlößel. Für die Umwoner ist der Ort auch unheimlich. – Ein Schwesternpar gieng einst auf Altdorf, um Bucheln zu sammeln. Die eine fand an einer Stelle die Bucheln haufenweise ligen. Freudig raffte sie dieselben zusammen, als plözlich ir ein schwarzer kleiner Hund über die Hände lief. Erstaunt schaute sie auf und sah unfern ein kleines graues Männchen sten. Auf iren Angstruf kam die Schwester herbei. Auch dise erblickte das Männchen, das die Schwestern ernst und schweigend ansah. Die Schwestern wagten sich nicht zu rüren und standen lautlos und zitternd da. Zufälligerweise kam ein Bursch hinzu, der, als er die Erscheinung sah, mutwillig ausrief: Was tust du hier, du Nichtsnuz! – Da rief das Männchen zürnend zurück: Was fragst du mich, hab ich dich gefragt, du bist nichts nutz und so sollen deine Kinder sein biß in das 7. Glid. Nach diser Verwünschung verschwand das Männchen. Die Verwünschung traf aber ein. Die Familie, die früher wolhabend gewesen war, kam zurück und auch iren Nachkomen gelang es nicht vorwärts zu kommen, sie sind, wie allgemeine Meinung in der Gegend, verwünscht.


13 Ein Straßburger Warzeichen

Ein wenig bekanntes Warzeichen Straßburgs befindet sich in der Bruderhofsgasse Nr. 35. Siht man die Gasse vom großen Seminar ostwärts hinab, so erblickt man auf einem Dache ein Männchen, das neugirig in den Schornstein hinabblickt. Die Sage meldet, daß in dem Hause einst ein Bäcker wonte, der es meisterhaft verstand, die Leute zu betriegen. Der Teufel, so oft er vorbei kam, blickte mit Vergnügen durch den Schornstein auf seinen gelerigen Schüler hinab. Zum Andenken wurde sein Bildnis später in Stein hinaufgestellt.


14 Der unbequeme Mitbürger

Am Ende des vorigen Jarhunderts lebte in Bockenheim (Saarunion) ein Mann, der seines bitterbösen Wesens wegen allgemein gemiden wurde. Die Bürger des damals noch unter Leiningischer Herschaft stehenden Städtchens beschäftigten sich vil mit im, wagten in aber nie zu reizen, da er im Geruche stand, geheime Künste zu wißen. Es war daher keine Trauer, als es eines Tages hieß, der unbequeme Mitbürger sei plözlich gestorben. Der Pfarrer beorderte die Schulknaben am Tage der Beerdigung vor das Haus des Verstorbenen, um der Leiche das Geleit zu geben und am


  1. Ueber den Namen vrgl. Mone: Anzeiger 1836. 1 ff. Grimm Myth. 3. Aufl. S. 430.
Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XII. Marcus, Bonn 1884, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XII_114.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)