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dicht gefüllt war. Zu zwei und zwei schritten etwa zweihundert Bischöfe, mit Chormantel und Mitra bekleidet, dem Papste voran, der mit der Tiara geschmückt auf der Sedia gestatoria unter dem sanften Schalle silberner Trompeten seinen Einzug hielt in die Basilika. Der feierliche Zug bewegte sich zunächst zur Chorkapelle, wo in einem Augenblicke tiefen Schweigens der Vorhang vor dem Bilde der Gottesmutter fiel. Der Papst beräucherte dasselbe und sang ein Gebet. Dann begab sich die Prozession zum Altare der Confessio, wo das päpstliche Hochamt mit dem ganzen Reichtum seiner Zeremonien gefeiert wurde, die den Gläubigen immer in tiefster Seele ergreifen.

Die Feier verlief in würdevoller Majestät. Fürwahr, Schauspiele von solcher Größe und Erhabenheit kann nur das ewige Rom bieten; alle Pracht eines weltlichen Hofes muß dagegen zurücktreten. Man sieht aber auch bei dergleichen Gelegenheiten, wo in Rom das Zentrum, das Herz ist. Alles strömt nach St. Peter und zum Vatikan, - der Quirinal liegt in glänzender Vereinsamung, um seinen »königlichen« Bewohner kümmert sich niemand.

Am 11. Dezember fand abermals eine große päpstliche Feier in St. Peter statt; mehreren Seligen, darunter dem bekannten Laienbruder Gerhard Majella aus der Kongregation des allerheiligsten Erlösers, wurden die Ehren der Altäre zuerkannt. Der Heiligsprechung ging ein öffentliches Konsistorium voraus, zu dem die in Rom anwesenden Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe geladen wurden. Ausführliche Berichte, die jedem Teilnehmer zugingen, setzten in den Stand, sich ein Urteil über die Kanonisationssache zu bilden. Zur festgesetzten Stunde erschien der Papst, mit Chormantel und Mitra angetan, im großen Konsistorium-Saale und nahm auf dem Throne Platz. Nach einer Ansprache des Heiligen Vaters an die Versammlung, gaben die Kardinäle und die Vertreter der hierarchischen Rangstufen ihr motiviertes, die übrigen Bischöfe ihr einfaches Placet über die vorzunehmende Kanonisation ab. Die Einstimmigkeit war vollkommen.

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Willibrord Benzler: Erinnerungen aus meinem Leben. Kunstverlag, Beuron 1922, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Benzler_Leben_110.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)