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Die wesentlichsten Dienste leisten aber bei methodischer Verwerthung diese Hilfswissenschaften in ihrer Anwendung auf die Untersuchung des Alters und der Herkunft von Rechtsbegriffen; sie füllen also nicht nur die Lücken in der Ueberlieferung des ältesten Rechtes aus durch Herbeiziehung verwandter Rechtssätze in der oben geschilderten Weise, sie gestatten vielmehr in dieser Beziehung die Rechtsbegriffe in ihre Urgeschichte hinein zu verfolgen und so ihre ursprüngliche Bedeutung aufzuklären. Um nicht etwas gut Gesagtes zu wiederholen, sei hier auf v. Amira’s Schrift: Ueber Zweck und Mittel der Germanischen Rechtsgeschichte, verwiesen.

Im Folgenden soll nun der Versuch unternommen werden, die ursprüngliche Bedeutung der Worte Recht und Friede, die ja die Grundlage aller späteren sich daran anschliessenden Begriffe sind, durch Herbeiziehung verwandter Wortwurzeln in den übrigen Arischen Sprachen aufzuklären und ihre Bedeutung von ihrem ersten Vorkommen an bis in die jetzt lebenden Sprachen hinein zu verfolgen. Im Anschluss daran soll dann in kurzer Uebersicht gezeigt werden, welche Entwicklungsphasen der Friede thatsächlich bis auf den heutigen Tag durchlaufen hat.


I.

Ob die Worte „Recht“ und „Friede“ sich auf eine Sanskritwurzel rij, die von den Indischen Grammatikern auch mit der Bedeutung fixum esse, valere, aufgeführt wird, bezüglich Sanskritwurzel prî mit der Bedeutung placere, voluptate frui, sich zurückführen lassen, ist nur auf Grund der vergleichenden Sprachwissenschaft festzustellen möglich und muss füglich dieser überlassen werden. Geht man davon aus, dass sich die Wurzel eines Wortes ergibt, wenn man den allen Indogermanischen Sprachen gemeinsamen Theil herausschält, nach Entfernung der einzelnen Endungen, Affixe, Suffixe, so scheint dies richtig zu sein. (Die näheren Ausführungen im Sanskritwörterbuch von Böhtlingk und Roth[1] und im vergleichenden Wörterbuch der Indogermanischen Sprachen

  1. Sanskritwörterbuch, herausgegeben von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, bearbeitet von O. Böhtlingk und R. Roth. Petersburg 1855–1875.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_002.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2022)