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geschlossen wird; sich da den Lord Robert zum Danke verpflichten, wäre doch das kleinere Uebel[1].

Aber Philipp, Margaretha, Quadra, Lord Robert, sie alle rechneten mit Wahrscheinlichkeiten, die Königin mit gegebenen Grössen. Die Bedingungen Philipp’s begegneten einer Wendung der Englischen Politik: Elisabeth verzichtete auf die von ihr ehedem begehrte Heirathsvermittlung, wie auf die Heirath selbst, und Lord Robert musste sich trösten. Sie liebte ihn, mag ihre Hand ihm versprochen haben, in der Absicht vielleicht das Versprechen zu halten; aber ihre Liebe zu ihm kämpfte mit ihrem Hass gegen den Ehestand und ihrem tiefgehenden Verständniss der Englischen Interessen. Die Entscheidung dieses Kampfes mag durch Augenblicke geschwankt haben, nicht weil Elisabeth in Ungewissheit war, welchen Entschluss sie fassen solle, sondern weil es ihr widerstrebte, einen von vornherein feststehenden Entschluss auszusprechen. Sie ist unverkennbar eine von jenen Englischen Damen, deren Byron spottet, weil ihnen die Liebe im Kopfe sitze[2]: im Herzen sass ihr die Herrschsucht. Von dieser Leidenschaft ganz erfüllt, wollte sie keinen Gatten, der seinen Theil an der Herrschaft begehre. So beiläufig äussert von ihr der Cardinal Bentivoglio[3], und er hat in dem Punkte sehr richtig geurtheilt. Man kann diese Königin so wenig eine Heilige als eine genusssüchtige Frau nennen. Der Besitz der Macht war ihr Wirklichkeit, der Liebe Lust und Schmerzen waren ihr ein Traum. Sie träumte ihn noch durch Jahre mit Leicestern, dann mehr spielend und zum Zeitvertreib mit Anderen, aber stets wachenden Auges, das unverwandt hinüberblickte auf das, was ihr Nutzen bringe und England vor Schaden bewahre.

Als Elisabeth im Jahre 1565 in ernsten Verhandlungen mit dem Kaiser stand, die den Abschluss einer Ehe zwischen ihr und dem Erzherzog Karl bezweckten, tröstete man sich am kaiserlichen Hofe mit der Nachricht, dass Leicester, der schon graue Haare bekomme, als Concurrent nicht mehr zu fürchten sei. Allein die grauen Haare des Grafen hinderten nicht, dass des

  1. Gachard, Corresp. de Marguérite I, 546.
  2. Don Juan C. 11 st. 34.
  3. Ella, piena di spiriti dominanti, senza curarsi di prole non haveva mai voluto ricever compagnia di marito, per non avere appresso di se compagno di regno. Guerra di Fiandra. P. 3, L. 6 in fine.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_136.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2022)