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wurden schnell und dicht eingebogen. Dies Blatt wurde nun in einige wenige Tropfen einer starken Lösung von kohlensaurem Ammoniak (ein Theil auf 109 Theile Wasser) gethan; in 10 Minuten wurden sämmtliche Drüsen intensiv schwarz und in 2 Stunden war das Protoplasma in den Stielzellen ordentlich zusammengeballt. Ein anderes Blatt wurde plötzlich in Wasser von 48,8°C. (120° F.) getaucht und wie gewöhnlich umhergeschwenkt; in einer Zeit von 2 bis 3 Minuten waren die Tentakeln eingebogen, aber nur so weit, dasz sie zur Blattscheibe im rechten Winkel standen. Das Blatt wurde nun in dieselbe Lösung gebracht (d. h. ein Theil kohlensaures Ammoniak auf 109 Theile Wasser oder 4 Gran auf 1 Unze, was ich künftig immer als starke Lösung bezeichnen will), und als ich nach Verlauf von 1 Stunde wieder nach ihm sah, waren die Drüsen geschwärzt und das Zusammenballen war scharf ausgesprochen. Nach Verlauf von noch weiteren 4 Stunden waren die Tentakeln viel bedeutender eingebogen. Es verdient Beachtung, dasz eine Lösung, welche so stark ist wie diese, in gewöhnlichen Fällen niemals Einbiegung verursacht. Endlich wurde ein Blatt plötzlich in Wasser von 51,6°C. (125°F.) gethan und darin gelassen, bis das Wasser abgekühlt war; die Tentakeln wurden dadurch hellroth und wurden bald eingebogen. Der Inhalt der Zellen unterlag in einem gewissen Grade einem Zusammenballen, welches im Verlauf von 3 Stunden noch zunahm; aber die Massen von Protoplasma wurden nicht sphärisch, wie es beinahe immer vorkommt, wenn Blätter in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak getaucht werden.

Wir ersehen aus diesen Fällen, dasz eine Temperatur von 48,8° zu 51,6°C. (120°—125° F.) die Tentakeln zu schneller Bewegung anreizt, aber die Blätter nicht tödtet, wie sich entweder durch ihr später wieder eintretendes Ausbreiten oder durch die Zusammenballung des Protoplasma zeigt. Wir werden nun sehen, dasz eine Temperatur von 54,4°C. (130° F.) zu hoch ist, um eine sofortige Einbiegung zu verursachen, aber doch die Blätter nicht tödtet.

1. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 54,4°C. (130° F.) getaucht und wie in sämmtlichen Fällen einige Minuten lang umhergeschwenkt; es fand sich aber keine Spur einer Einbiegung; dann wurde es in kaltes Wasser gebracht, und nach Verlauf von 15 Minuten war an einer kleinen Masse von Protoplasma in einer der Zellen eines Tentakels eine sehr langsame Bewegung deutlich zu sehen[1]. Nach wenig Stunden wurden sämmtliche Tentakeln und die Blattränder eingebogen.

2. Versuch. — Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 54,4° zu 55° C. (130°—131° F.) gethan; und, wie vorher, es trat keine Einbiegung ein. Nachdem es 1 Stunde lang in kaltem Wasser gelassen worden war, wurde es in die starke Lösung von Ammoniak gethan, und in Zeit von


  1. Sachs gibt an (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874, p. 700), dasz die Bewegungen des Protoplasma in den Haaren einer Cucurbita aufgehört hätten, nachdem sie eine Minute lang in Wasser einer Temperatur von 47° bis 48°C. (117° bis 119° F.) ausgesetzt worden wären.
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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_061.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)