„Was zu wissen? Englische Gedichte auswendig schnattern? Welch albernes, dummes Zeug!“
„Stella,“ sagte Frau von Ellissen sanft, „welche Sprache, welcher Ton!“
„Yes, my mother, I know. Ich bin nun einmal eine schlecht erzogene Tochter, du hast mich zu spät in die Hand bekommen; ich sehe es ja ein. Aber man muß sich daran gewöhnen, es ist der Schick der modern erzogenen jungen Mädchen.“
Frau von Ellissen zuckte leicht die Achseln mit dem sanften Lächeln, setzte sich und blätterte in den Büchern, die auf dem Tische lagen, während Miß Stella’s Hefte prüfte.
Der Unterricht begann, unterbrochen von vorlauten Bemerkungen Stella’s, mitunter auch von einem kurzen Meinungsaustausch zwischen Miß und Frau von Ellissen. Letztere ließ sich auf einen Stuhl am offenen Fenster nieder, das auf den Kirchenplatz ging und zerstreute sich an dem einförmigen, schleichenden Hin und Her der Provinzler; dann lehnte sie sich hinaus und schaute auf die romantische Vorhalle der Kirche, deren Schwelle zu dieser Stunde niemandes Fuß überschritt.
Die Miß wandte sich an die junge Frau:
Marie Tihanyi Sturza: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Arthur Cavael, Leipzig 1905, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Geluebde_einer_drei%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Frau_Sturza.djvu/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)