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meine Liebe, nicht zu unterschätzen gewesen ist, und der Fall Turgots, der klüger und darum weit gefährlicher war als Necker, auf das vorübergehende politische Interesse der Königin zurückgeführt werden kann, – so ist jetzt, wo die Gräfin Polignac und die Prinzessin Lamballe nichts als ihre teils sentimentalen, teils luxuriösen Neigungen unterstützen, und die vergebliche Hoffnung auf einen Thronerben den König ihr entfremdet, keine Rede mehr davon. Sie spielt Komödie, sie tanzt, sie erteilt Schneiderinnen, Künstlern und Poeten Audienzen, – das ist die harmlosere Seite ihres Lebens –, sie erlaubt nicht nur dem Prinzen Artois, sondern auch den Kavalieren des Hofs, ihr zu huldigen, als wäre sie keine Königin.

Alle dem gegenüber werden Sie begreifen, daß der Besuch des Kaisers von Österreich von größter Bedeutung ist.

Ich erwarte, daß Sie bereits Ende dieses Monats alle Anstalten zu unserem Straßburger Aufenthalt getroffen haben werden.


Kardinal Prinz Rohan an Delphine.
Straßburg, am 18. Oktober 1777.


Es bedurfte also eines gekrönten Hauptes, um unsere schöne Marquise aus der selbstgewählten Verbannung zurückzurufen! Ich war entzückt, als ich auf meiner gestrigen Ausfahrt über den

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/208&oldid=- (Version vom 31.7.2018)