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einen Zauberer halten. Daß der Kardinal Rohan ihm verfallen ist, daß der Marquis Montjoie in Straßburg ein Laboratorium einrichtete, um die Kunst des Goldmachens von dem mysteriösen Fremden zu erlernen, – das ist das Tagesgespräch in den Salons, und Cagliostro kann sicher sein, mit dem Ruhm, der ihm jetzt vorangeht, Paris zu erobern. Eine Gesellschaft, die zu Madame Bontemps strömt, um sich aus dem Kaffeesatz wahrsagen zu lassen, die an Stelle geistreicher Konversation Sitzungen mit Somnambulen treten läßt, ist reif für diesen Propheten. Würden unsere Philosophen sich wohl die Mühe gegeben haben, den Glauben zu vernichten, wenn sie geahnt hätten, daß sie dadurch nur dem Aberglauben die Wege bereiten?! Je mehr die Furcht vor der Wirklichkeit wächst, desto mehr flüchten die Feigen in das Reich phantastischer Träume.

Sie werden vom Mißerfolg meiner Tragödie „Der Tod des Cajus Gracchus“ gelesen haben. Der Ernst erschreckte das Publikum; es verträgt den Witz, ja die Satire, es lacht über sich selbst und über unsere politischen Zustände, wenn man sie ihnen auch in Form der drastischsten Karikaturen vorführt, aber es wird nie verstehen wollen, daß die Komödie im Grunde ein Trauerspiel ist.

Herr Necker scheint alle Mittel seiner Weisheit erschöpft zu haben, ohne es vor der Öffentlichkeit zugeben zu wollen. Herrn Linguet, der

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/281&oldid=- (Version vom 31.7.2018)