Seite:De Entstehung der Arten 1860 (Darwin) 219.jpg

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hatte, und setzte er sie in ein andres nur bis zum dritten Sechstel vollendetes, so fertigte sie einfach den dritten, vierten und fünften Theil nochmals mit dem sechsten an. Nahm er sie aber aus einem z. B. bis zum dritten Theile vollendeten Gewebe und setzte sie in ein bis zum sechsten Theile fertiges, so dass sie ihre Arbeit schon grösstentheils gethan fand, so war sie sehr entfernt, diesen Vortheil zu fühlen und fing in grosser Befangenheit über diesen Stand der Sache die Arbeit nochmals vom dritten Stadium an, da wo sie solche in ihrem eignen Gewebe verlassen hatte, und suchte von da aus das schon fertige Werk zu Ende zu führen.

     Wenn sich nun, wie ich in einigen Fällen es zu können glaube, nachweisen liesse, dass eine durch Gewohnheit angenommene Handlungs-Weise auch auf die Nachkommen vererblich seye, so würde das, was ursprünglich Gewohnheit war, von Instinkt nicht mehr unterscheidbar seyn. Wenn Mozart statt in einem Alter von drei Jahren das Pianoforte mit wundervoller kleiner Fertigkeit zu spielen, ohne alle vorgängige Übung eine Melodie angestimmt hätte, so könnte man mit Wahrheit sagen, er habe Diess Instinkt-mässig gethan. Es würde aber ein sehr ernster Irrthum seyn anzunehmen, dass die Mehrzahl der Instinkte durch Gewohnheit schon während einer Generation erworben und dann auf die nachfolgenden Generationen vererbt worden seye. Es lässt sich genau nachweisen, dass die wunderbarsten Instinkte, die wir kennen, wie die der Korb-Bienen und vieler Ameisen, unmöglich in solcher Frist erworben worden seyn können.

     Man gibt allgemein zu, dass für das Gedeihen einer jeden Spezies in ihren jetzigen Existenz-Verhältnissen Instinkte eben so wichtig sind, als die Körper-Bildung. Ändern sich die Lebens-Bedingungen einer Spezies, so ist es wenigstens möglich, dass auch geringe Änderungen in ihrem Instinkte für sie nützlich seyn würden. Wenn sich nun nachweisen lässt, dass Instinkte wenn auch noch so wenig variiren, dann kann ich keine Schwierigkeit für die Annahme sehen, dass Natürliche Züchtung auch geringe Abänderungen des Instinktes erhalte und durch

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_219.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)