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und Erläuterungen in Kürze wiederholt. Ich habe diese Schwierigkeiten viele Jahre lang selbst zu sehr empfunden, als dass ich an ihrem Gewichte zweifeln sollte. Aber es verdient noch insbesondere hervorgehoben zu werden, dass die wichtigeren Einwände sich auf Fragen beziehen, über die wir eingestandner Maassen in Unwissenheit sind; und wir wissen nicht einmal, wie unwissend wir sind. Wir kennen nicht all’ die möglichen Übergangs-Abstufungen zwischen den einfachsten und den vollkommensten Organen; wir können nicht behaupten, all’ die manchfaltigen Verbreitungs-Mittel der Organismen während des Verlaufes so zahlloser Jahrtausende zu kennen, und wir wissen nicht, wie unvollständig der geologische Schöpfungs-Bericht ist. Wie bedeutend aber auch diese mancherlei Schwierigkeiten seyn mögen, so genügen sie doch nicht, um meine Theorie einer Abstammung von einigen wenigen erschaffenen Formen mit nachheriger Abänderung derselben umzustossen.

     Wenden wir uns nun nach der andern Seite unsres Gegenstandes. Im Kultur-Zustande der Wesen nehmen wir viel Veränderlichkeit derselben wahr. Diess scheint daran zu liegen, dass das Reproduktiv-System ausserordentlich empfindlich gegen Veränderungen in den äusseren Lebens-Bedingungen ist, so dass dieses System, wenn es nicht ganz unfähig wird, doch keine der älterlichen Form genau ähnliche Nachkommenschaft mehr liefert. Die Abänderungen werden durch viele verwickelte Gesetze geleitet, durch die Wechselbeziehungen des Wachsthums, durch Gebrauch und Nichtgebrauch und durch die unmittelbaren Einwirkungen der physikalischen Lebens-Bedingungen. Es ist sehr schwierig zu bestimmen, wie viel Abänderung unsre Kultur-Erzeugnisse erfahren haben; doch können wir getrost annehmen, dass deren Maass gross gewesen seye, und dass Modifikationen auf lange Perioden hinaus vererblich sind. So lange als die Lebens Bedingungen die nämlichen bleiben, sind wir zu unterstellen berechtigt, dass eine Abweichung, welche sich schon seit vielen Generationen vererbt hat, sich auch noch ferner auf eine fast unbegrenzte Zahl von Generationen hinaus vererben kann. Andrerseits

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_469.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)