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das unbegreifliche, heidnische Ungeheuer, wie ihn die Minoriten auf die Nachwelt gebracht haben.[1] Aber auch wo beide mit gleichen oder ähnlichen Gefühlen einer Herrschergestalt gegenüberstehen wie etwa König Albrecht II., so daß wir eine Charakteristik aus ihren Aufzeichnungen zusammensuchen können, gibt uns Enea, der doch nur aus flüchtiger Bekanntschaft schrieb, sowohl für das Äußere, wie das Innere des Mannes den bezeichnenden Zug.[2] Welch ein Unterschied ferner zwischen den jammernden und predigenden „Direktorien“ oder „Korrektorien“, die Ebendorfer einer jeden Kaiserbiographie anhängt, oder den „Reden des Schriftstellers“ an Kaiser und Adlige zum Jahre 1460, und Eneas kurzen Sentenzen, die da und dort den Fluß der Erzählung unterbrechen. Man hat gemeint, der Italiener habe die eigentlich treibenden Kräfte des „bellum Austriacum“ von 1452 doch nicht erkennen können[3], aber Ebendorfer fördert uns in diesem Punkt um keinen Deut mehr, und in der Würdigung der Bedeutung, die das privilegium maius für die österreichische Geschichte hat, ist Enea Ebendorfer unstreitig überlegen. – Eneas österreichische Geschichte ist ein Memoirenfragment, dem ein paar Abschnitte aus der Geschichte der früheren Zeit ohne endgültige Verbindung vorgesetzt sind, die Ebendorfers ist in den älteren Partien eine Chronik alten Stils, für die Gegenwart des Autors eine Sammlung von Notizen und Zeitungen, zwischen denen Wunderzeichen jeder Art die allerübelste Verbindung herstellen.

Es war wohl doch nicht unverdient, daß Ebendorfers Werke jahrhundertelang in der Verborgenheit schlummerten, während die von Enea ausgestreute Saat alsbald, wie von den Winden weitergetragen, weites Erdreich befruchtete und aufging.



  1. [229] 75) Ilgen II, 118 und Pez, SS. rer. Austriac. II, 725.
  2. [229] 76) Europa, cap. 1: Statura procera fuit superius labium intensum. – De viria illustr. 68: Facere quam dicere malebat; non ipse per se cernens, sed acquiescens consiliis eorum, quos bonos existimavit.
  3. [229] 77) Ilgen LV.