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und gute Sitte auch ohne den Zwang des Gesetzes bei den Römern geherrscht.[1] Er folgt hier durchaus dem Gottesstaat Augustins. Dagegen weiß Jakobus, daß Romulus zwar unrühmlicher Abstammung, aber wahrhaft königlichen Geistes gewesen sei; er schließt daran einen Exkurs über Rom, der zeigt, daß er die Roma instaurata und die Roma triumphans Biondos nicht bloß exzerpiert hatte.[2] Hält man gegen die Worte, die er Rom widmet, die Mirabilia Romae, die Martin von Troppau an die Spitze seiner Chronik gestellt hatte, so sieht man den ganzen Unterschied der Zeiten. Über die ersten Jahre der Republik aber zitiert er die berühmten Worte, die Sallust dem jüngeren Cato in den Mund legt: Tunc domi industria fuit, foris iustum bellum, animus in consulendo liber.[3] Hat er sie, was möglich ist, auch dem Augustin entnommen[4], so hat er doch dessen Auffassung völlig verlassen.

Bei den Dichtern der Kaiserzeit sodann ist es zwar auch ihm um die Sentenzen zu tun, aber er wählt aus, oder er formt aus ihnen, wie bei Horaz, sehr geschickt ein Lebensbild. Gegen die Meinung Dantes hat er durchaus nichts einzuwenden; er nennt ihn mit den Worten Boccaccios „certe catholicus et divinus theologus“, und da er im übrigen den Danteartikel Antonins benutzt hat[5], so können wir nicht zweifeln, daß diese Worte eine direkte Polemik gegen den Vorgänger enthalten.[6]

Ob Jakobus deshalb ein besonders innerliches Verhältnis zur Antike hatte, darf man dahingestellt sein lassen; aber er hatte eine ausgesprochene Tendenz zum Modernen und eine feine Witterung dafür. Es war Ordenstradition dabei; die Augustinereremiten, denen ja auch San Spirito in Florenz gehörte, spielen in der Geschichte des Humanismus eine besondere Rolle und taten sich etwas darauf zugute.[7] Im Konvent zu Bergamo insbesondere muß der Humanismus in hohem Ansehen gestanden haben, denn neben Jakobus arbeitet damals Ambrosius Calepinus, dreier Sprachen kundig, an seinem Lexikon, das Generationen nach ihm als zuverlässiger Berater dienen sollte. Aber Jakobus zeigt doch erstaunlichen Umblick. Er erwähnt bei Strabo die Geschichte der lateinischen Übersetzung, bei Quintilian die der Auffindung[8], und hebt die Bedeutung des Gasparino Barzizza, den er als Landsmann noch besonders schätzt, für die Wiederbelebung der lateinischen Studien hervor.[9] Wenn er von Valla spricht, so verrät ein kurzes Wort, daß er weiß, wie schwankend das Bild dieser Persönlichkeit war, und wenn er sein Urteil über Petrarkas Latinität abgibt, so kann man trotz der Anlehnung an Biondo sicher sein, die neueste Meinung der Florentinischen Kritik vor sich zu haben.[10]


  1. [240] 17) Tit. IV, Kap. 5, § 1. Benützt ist Sallust, Catil. 9, 1.
  2. [240] 18) Teil I, f. 52b. Er hat es aber doch für nötig gehalten, zu den klassischen Zeugnissen, die Biondo für die Topographie des ältesten Rom gibt, nach Gottfried von Viterbo zu stellen.
  3. [240] 19) Catil. 52, 21.
  4. [240] 20) Sie stehen De civitate dei V, 12, wo Augustin einen Vergleich zwischen Cäsar und Cato zieht.
  5. [240] 21) Geht aus den Worten über die Monarchia [T. II, f. 139] hervor. – S. zu dem ganzen Artikel die Quellennachweise Grauerts im HJb. XVIII, 81 ff.
  6. [240] 22) Es dürfte sich, wie mir scheint, verlohnen, die Werke des Jakobus überhaupt einmal auf eine absichtliche Polemik gegen Antonin anzusehen. Ich denke dabei auch an die Confessionalia der beiden.
  7. [240] 23) S. darüber Burdach, Vom Mittelalter zur Reformation. – Interessant ist auch Jakobus’ Äußerung über die Kongregation von St. Justina, an die sich auch viele Augustinerklöster angeschlossen hatten (T. II, f. 158): Quae nostro saeculo quanto splendore virorum religiosissimorum doctrina, gravitate ac sapientia venerandorum refulgeat, dicere non attinet, cum in ea innumerabiles viri existant, non modo iuris civilis et pontificii ac sacrae theologiae doctrina (sicut eorum professionem decet) abunde pleni, sed et eloquentia literarum tam Graecarum quam latinarum quoque ornatissimi, qui etsi pauca scripserint aut populo publice non declament, tamen cum religiosissimi sint, et multis non modo saecularibus sed etiam ipsis religiosis ohservantibus, ut virtuti et saluti operam dent, suo exemplo opem afferunt.
  8. [240] 24) T. I, f. 115b; II, f. 14b.
  9. [240] 25) T. I, f. 80b und II, f. 159b.
  10. [240] 26) Für Valla T. II, f. 166b: non modo alterius cuiusvis opinionis asper exactor et corrector, sed et aliquando latrator. Für Petrarka T. I, f. 143b; dazu Blondus, Italia illustrata, der (Opera Ed. Basilea von 1559, S. 346) bei der Erwähnung Ravennas von dem Wiederaufleben der Wissenschaften spricht.