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– als Räuber ohne Führer und Gesetze vorstellt. Deshalb brechen die Kaiser, und zwar die „Konrade und Heinriche“, die Burg und legen in die neuerrichtete eine Kolonie von Veteranen und Ausgedienten, die dann die Ahnherren der städtischen Geschlechter werden. Aus der Beschreibung der silva Hercynia können wir entnehmen, daß er die Christianisierung des Landes in ebenso allgemeiner Vorstellung unter „die Karle, Arnulfe und Ottonen“ setzt[1] – wenn nicht hier eine Stelle über die fossa Carolina stände, die aus Ekkehard sein muß, so würde sich kein Beweis dafür erbringen lassen, daß er auf seinen Fahrten den Handschriften, die ihm von deutschen Kaisern und Königen erzählten, so eifrig nachgegangen ist, wie er bald darauf in der Vorrede zur Roswithaausgabe von sich rühmte.[2]

Dagegen blickt der Tacitus überall durch, auch Pliniuslektüre erkennen wir[3], vielleicht besaß Celtis auch damals schon die kostbare Handschrift des Itinerarium Antonini, die sich jetzt in Paris befindet[4], oder die Straßenkarte, die er Peutinger vermacht hat, Quellen, nach denen er dann 1502 Nürnberg die Augusta praetoria des Reiches nannte.

Eine Germania illustrata, die dieser Norimberga entsprach, hätte also sicherlich, so wie die Italia Biondos, das neue Deutschland im alten gesucht, aber wir sehen nicht, welche Fäden Celtis von diesem zu jenem hinübergesponnen hätte.

Auch die Nürnberger Zeit blieb für Celtis eine Episode und er nahm den Plan der Germania illustrata mit an die Stätte, wo er nun seit 1497 wirklich eine Heimat fand, nach Wien an den Hof Maximilians.

Hier fand er die Freunde und Schüler, die seinen Ideen mitschaffendes Verständnis entgegenbrachten: Cuspinian und Stabius, Vadian und Aventin, und in Maximilian einen ebensolchen Mäzen.

Von allen Humanisten, die Maximilian an seinem Königshofe versammelte, ist ihm keiner wesensverwandter gewesen als der ihm fast gleichaltrige fränkische Bauernsohn. Dieselbe Sprunghaftigkeit im Wesen, dieselbe Empfänglichkeit für die verschiedensten Eindrücke, bei beiden dann auch bei aller Buntheit ihrer Pläne doch ein durchgehendes, mit Zähigkeit festgehaltenes Interesse, es war natürlich, daß dieser König und dieser Dichter sich fanden.

Maximilian war damals schon beschäftigt mit Forschungen und Aufträgen, die sich auf die Geschichte seines Hauses bezogen; wenn Celtis, wie wir sehen werden, in diese eingetreten ist, so war anderseits sein Streben, Maximilian für die Germania illustrata zu gewinnen.


  1. [269] 10) cap. 3, vgl. auch cap. 8: [Sebaldus] paulo post Karoli magni tempora. ut Brittani, Galli et Hibernici christianam religionem in Germaniam invexerant, cum aliis influens primus eius collis et nemoris incolas ad religionem christianam vita et morum sanctitate invitavit. Auf die Neubearbeitung der Sebalduslegende durch Meisterlin, die sich besonders um chronologische Festlegung bemüht, hat Celtis weder hier noch in seinem Hymnus auf S. Sebald, den er 1493 dichtete, Rücksicht genommen.
  2. [270] 11) Accessit mira mihi quaedam historiarum germanicarum vicinarumque nobis nationum cupido. Ut si quos invenissem de regibus et imperatoribus nostris codices aut illorum clare gesta aut dicta ab externis vel nostraciis literis mandata, illos in lucem ederem aut ad illustrandam nostram Germaniam, quae in manibus est, insererem aut argumenta scribendi acciperem (Ruland im Serapeum XVIII, 27 ff.). Gottlieb, Ambraser Handschriften I, 51 will daraus schließen, daß damals (1501) die Germania als ein rein historisches Werk geplant gewesen sei. Mit Unrecht.
  3. [270] 12) Norimberga cap. 3, wo die Oder Guttula heißt.
  4. [270] 13) S. die Beschreibung bei Parthey u. Pinder, Itinerarium Antonini et Hierosolymitanum S. XIII.