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Carmina, Teutonico quae placuere deo.
Nemo Italos novit voluit nec nosse penates,
Qui totiens nostris aera tulere plagis.
Sed deus unus erat, a quo sunt nomina genti,
Hic cultus patria religione fuit.
Hic non poscebat sibi pendere caseum et ovum
Nec butyrum nobis vendidit ille deus.
Hinc Caroli Heinrici, Conradi Ottonaque proles
Ludvici et nomen qui Fridericus habent
Et qui nunc gentis custos et gloria summa est
Maximus Emilius, nomen in astra ferens.

Hier ist ein Faden gezogen, der von Maximilian durch die Reihe der deutschen Kaiser hinaufführt bis in die Urzeit, die deutschen Kaiser sind gedacht als Glieder einer großen Familie und ihr Ahnherr ist der Gott, „von dem das Volk seinen Namen hat“, Tuisco und Mannus mit seinen Söhnen. Wir können zeigen, daß Celtis diesem Gedanken weiter nachgegangen ist, und zwar unter einer doppelten Einwirkung, der des falschen Berosus und der Genealogien, die Maximilian plante.

Seit der gelehrte Dominikaner Annius von Viterbo 1498 seine Berosusfragmente nebst allerlei anderen wunderbaren Quellen, alles durch einen umfänglichen Kommentar erläutert, als Betrogener oder als Betrüger, hatte erscheinen lassen,[1] hatte diese Fälschung weithin gewirkt, aber nirgendwo verhängnisvoller als in Deutschland. Hier bot er, was man im Tacitus sogleich vermißt hatte, einen Völkerstammbaum mit fester Einordnung in den gesamtgeschichtlichen Zusammenhang, ferner die Versicherung eines viel ehrwürdigeren Alters der Nation, als es die Trojaner- und Alexandersagen gaben, und zugleich eine Bestätigung seiner Glaubwürdigkeit durch die Übereinstimmung mit den neuesten Funden, dem Strabo, Dionys von Halikarnaß, Tacitus und Jordanes.

Es gab schon vor der scharfen Kritik, mit der Beatus Rhenanus das Machwerk vernichtete, Leute, die den Betrug durchschauten oder doch zweifelten. In Schriften, die in Deutschland jedem Humanisten bekannt waren, wie in den Enneaden des Sabellicus und in dem Buch des Petrus Crinitus De honesta disciplina war der Berosus alsbald nach seinem Erscheinen verworfen worden. Selbst Bebel war bedenklich,[2] aber was bei Nauklerus die Berufung auf die publici notarii tat, zu denen Berosus gehören wollte, das wirkte bei ihm der patriotische Überschwang. Nicht anders war es bei dem so viel bedächtigeren


  1. [270] 22) S. von älterer Literatur den guten Artikel von Wachler bei Ersch u. Gruber IV, 183. Jetzt handelt ausführlich, aber ohne rechte Förderung darüber J. A. Farrer, Literarische Fälschungen, dtsch. von Kleemeier 1907, S. 50 ff. Über die Wirkungen des Pseudoberosus auf die philosophischen Anschauungen des Maximilianischen Humanistenkreises handelt interessant Giehlow, Dürers Stich Melencolia I und der Maximilianische Humanistenkreis (Mitteil. d. Gesellschaft f. vervielfält. Kunst III und IV).
  2. [271] 23) S. die Cohortatio Helvetiorum Bogen l 3; Manethon tamen Aegyptius sacerdos, si res non mentiatur auctorem et liber ad arbitrium aliquorum non sit corruptus, ut multi credunt.