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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

– Verzeiht, mein gnädigster Kayser; ich muß so reden. Euer Wohl gilt mir über Alles. Was ist äusserer Schein von Eintracht, wenn Groll und Zwiespalt das Innere verwüsten? Ein aussen fruchtbarer Berg, mit Wäldern und Gesträuchen bewachsen, in dessen Schooße eine verzehrende Lava kocht. – O, mein Kayser, daß ich also zu Euch sprechen muß. Aber mein Schweigen wäre Verbrechen. Ich kann Eurer Rede nicht beypflichten; denn Ihr habt geschworen, und wißt selber, was ein Schwur ist. Ritterpflicht mag nicht bestehen, wenn Kayserwort zu einem Scherze wird; da lößt sich das Band, das Euer Volk an Euerm Herzen festhielt, von selbst ab, und Treue heißt ein Mährchen. – Mächtigster Kayser, du, der so manchen stolzen Feind bekämpfte, bekämpfe einmal dein eigen Herz. Gieb uns ein Beyspiel, dessen Grösse Jahrhunderten ein Räthsel bleiben, das keine Sage verschweigen, kein Geschichtsbuch übergehen wird. Handle so: daß sich einst Nachwelten staunend zurufen:

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_086.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)