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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

der Mensch nicht Menschen Gnaden dankt,
wo überal, wohin ich sehe,

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Zufriedenheit sich Hütten baut,

vom Tschingal bis zur Gotthards Höhe,
bis wo der sanfte Jura blaut,
hier, wo von schlechtem Dach umgeben,
der Mensch durch Arbeit, Mäßigkeit

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genießt, was keine Kronen geben,

Gesundheit und Zufriedenheit –
in diesem Lande möcht ich leben,
o daß mein Schicksal mirs verbeut!

     Auf immer hab ich euch verlassen,

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ihr Thäler, deren Stille mich umfieng,

indeß auf euren Felsenmassen
des Hirten laute Heerde hieng.
Nie wird mein Ohr euch wieder lauschen,
ihr Bäche, des Belauschens werth,

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nie tönt in eurem wilden Rauschen

mir ein erhabenes Concert;
und sah ich von der Berge Nacken
die Nacht in tiefre Thäler ziehn
und der beeißten Felsen Zacken

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in purpurfarben Mänteln glühn,

wie schlug mein Herz! – wenn dann auf kühn erstiegner Höhe,
dem nie getrübten Himmel nah,
mirs war, als ob die Erd entflöhe,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_127.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)