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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

seyn. Der Unwille über den Urheber des Leidens wird zum herrschenden Affekt, und jedes andere Gefühl muß ihm weichen. So schwächt es jederzeit unseren Antheil, wenn sich der Unglückliche, den wir bemitleiden sollen, aus eigner unverzeihlicher Schuld in sein Verderben gestürzt hat, oder sich auch aus Schwäche des Verstandes und aus Kleinmuth nicht, da er es doch könnte, aus demselben zu ziehen weiß. Unserm Antheil an dem unglücklichen, von seinen undankbaren Töchtern mißhandelten, Lear schadet es nicht wenig, daß dieser kindische Alte seine Krone so leichtsinnig hingab, und seine Liebe so unverständig unter seinen Töchtern vertheilte. In dem Kronegkischen Trauerspiel, Olint und Sophronia, kann selbst das fürchterlichste Leiden, dem wir diese beyden Märtyrer ihres Glaubens ausgesetzt sehen, unser Mitleid, und ihr erhabener Heroismus unsre Bewunderung nur schwach erregen, weil der Wahnsinn allein eine Handlung begehen kann, wie diejenige ist, wodurch Olynt sich selbst

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_193.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)