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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

In ihrem Schoos, ein Gott in seiner Hand mich hält,
Und Myriaden von Geschöpfen sein
Mit mir am Busen der Natur sich freun;
Weiß ich durch mich, durch mich allein.

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Ein Heiliges in mir entreißt mich der Begierde,

Ein reiner Trieb, der eine Welt umschlingt,
Und nach der höchsten Geisterwürde
Nach der Vollendung Siegel ringt.
Ihr hohes Ideal, wie aus krystallnem Spiegel,

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Gestrahlt aus der Natur, tief eingeprägt in mir,

Giebt meinem Geiste Licht, und meinem Herzen Flügel
Die aus dem Joch der Sinne losgespannt,
Mich tragen in der Wahrheit Sonnenland.

     Die Tugend, weil sie Tugend ist, zu lieben,

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In ihrem Kampfe sich mit arbeitvoller Müh’,

Auch dann noch, lohnete der Kranz dem Kämpfer nie,
Ein Unterthan der Pflicht, mit Freudigkeit zu üben –
Will auch verrätherisch durch süsser Lockung Spiel,
Und reizenden Gewinn das niedere Gefühl

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_036.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)