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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

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seine Gaben zu preisen. Unter allen seeligen Göttern (sie mögen mir verzeihen, wenn ich irre!) ist Amor der seeligste, als der schönste und vollkommenste unter allen. Der schönste, sage ich; denn fürs erste ist er der jüngste unter den Göttern. Dies ist in die Augen springend, wenn man nur sein Betragen ansieht. Mit Schrecken flieht er das Alter, das leider! nur zu schnelle Füße hat und uns immer zu früh übereilt. Es liegt in seiner Natur, es zu hassen, und sich ihm auch nicht einmal von ferne zu nähern. Aber junge Leute sind seine Gesellschaft. Er muß also selbst jung seyn; denn ein altes Sprichwort sagt, daß

– – Gleiches sich immer gern zu Gleichem geselle.

Wenn ich also mit Phädrus auch in allen andern Stücken übereinstimme, so kann ich ihm doch das nicht zugeben, daß Amor älter als Saturn und Japet sey. Er ist vielmehr – ich kann das mit Recht behaupten, – der jüngste unter den Göttern, und immer jung. Die alten Geschichten von den Göttern, welche Hesiod und Parmenides erzählen, wenn sie anders wahr sind, hat gewiß nicht Amor sondern das Fatum geleitet. Unter Amors Regiment würden sie sich einander gewiß nicht bald castrirt, bald in Ketten und Banden geworfen, und sonst auf andre Art gewaltthätig behandelt, sondern eben so ruhig und friedlich zusammen gewohnt haben, wie jezt, seit Amor sie wirklich regiert. Es ist also

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_222.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)