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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

damals die langen Nächte), ein ziemlich Stück Zeit. Erst gegen Tag, da schon die Hahnen krähten, wachte ich auf. Um mich her sah ich mehrere schlafend; ein Theil war weggegangen. Agathon, Aristophanes und Sokrates allein wachten noch, und tranken aus einer großen Schaale, die nach der Rechten zu herumgieng. Sokrates disputirte mit ihnen. Das ganze Gespräch weiß ich zwar nicht, fuhr Aristodem fort, denn ich hatte es nicht von Anfang an gehört, weil ich schlief; aber der Hauptinhalt davon war, daß Sokrates ihnen demonstrirte, einem guten Kopf sey es gleich möglich ein Lustspiel oder ein Trauerspiel zu verfertigen, und ein Kunstgenie, das ein gutes Trauerspiel gemacht habe, könne eben so auch ein gutes Lustspiel hervorbringen. Während dieser Demonstration, die sie eben nicht mehr sehr hell auffaßten, fingen sie an einzuschlummern, Aristophanes zuerst, und dann gegen Anbruch des Tages auch Agathon. Sokrates, der sie beide zu Ruhe gebracht hatte, stand nun auf und gieng weg. Ich selbst, meiner Gewohnheit gemäß, folgte ihm nach. Er kam ins Lyceum, wusch sich wie sonst, und blieb da den ganzen Tag. Erst Abends gieng er nach Hause, um auszuruhen.



Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_386.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)