Seite:De Neue Thalia Band3 210.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

verschaffen kann, muß die Neigung sich jederzeit mit Würde verbinden. Daher fodert der Liebende Würde von dem Gegenstand seiner Leidenschaft. Würde allein ist ihm Bürge, daß nicht das Bedürfniß zu ihm nöthigte, sondern daß die Freyheit ihn wählte – daß man ihn nicht als Sache begehrt, sondern als Person hochschätzt.

Man fodert Anmuth von dem, der verpflichtet, und Würde von dem, der verpflichtet wird. Der erste soll, um sich eines kränkenden Vortheils über den andern zu begeben, die Handlung seines uninteressirten Entschlusses durch den Antheil, den er die Neigung daran nehmen läßt, zu einer affektionirten Handlung herunter setzen, und sich dadurch den Schein des gewinnenden Theiles geben. Der andre soll, um durch die Abhängigkeit, in die er tritt, die Menschheit (deren heiliges Palladium Freyheit ist) nicht in seiner Person zu entehren, das bloße Zufahren des Triebs zu einer Handlung seines Willens erheben, und auf diese Art, indem er eine Gunst empfängt, eine erzeigen.

Man muß einen Fehler mit Anmuth rügen, und mit Würde bekennen. Kehrt man es um, so wird es das Ansehen haben, als ob der eine

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_210.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)