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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

er im Umgang mit einer reizenden Person, die das stagnirende Meer seiner Einbildungskraft durch Gespräch und Anblick in Schwung bringt.

Die beruhigende Grazie gränzt näher an die Würde, da sie sich durch Mäßigung unruhiger Bewegungen äussert. Zu ihr wendet sich der angespannte Mensch, und der wilde Sturm des Gemüths lößt sich auf an ihrem friedeathmenden Busen. Diese kann Anmuth genannt werden. Mit dem Reize verbindet sich gern der lachende Scherz und der Stachel des Spotts; mit der Anmuth das Mitleid und die Liebe. Der entnervte Soliman schmachtet zulezt in den Ketten einer Roxelane, wenn sich der brausende Geist eines Othello an der sanften Brust einer Desdemona zur Ruhe wiegt.

Auch die Würde hat ihre verschiedene Abstuffungen, und wird da, wo sie sich der Anmuth und Schönheit nähert, zum Edeln, und wo sie an das Furchtbare gränzt, zur Hoheit.

Der höchste Grad der Anmuth ist das Bezaubernde; der höchste Grad der Würde die Majestät. Bey dem Bezaubernden verlieren wir uns gleichsam selbst, und fließen hinüber in den Gegenstand. Der höchste Genuß der

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_223.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)