Seite:De Schiller Die Räuber 010.jpg

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D. a. Moor. Oh das ist allzuwahr! das ist ein Gericht über mich. Der Herr hats ihm geheißen!

Franz. Seht ihrs, wie kindlich euer Busenkind an euch handelt? Durch eure Väterliche Theilnehmung erwürgt er euch, mordet euch durch eure Liebe, hat euer Vaterherz selbst bestochen euch den Garaus zu machen. Seyd ihr einmal nicht mehr, so ist er Herr eurer Güter, König seiner Triebe. Der Damm ist weg, und der Strom seiner Lüste kann izt freyer dahinbrausen. Denkt euch einmal an seine Stelle! Wie oft muß er den Vater unter die Erde wünschen – wie oft den Bruder – die ihm im Lauf seiner Exceße so unbarmherzig im Weeg stehen. Ist das aber Liebe gegen Liebe? Ist das kindliche Dankbarkeit gegen väterliche Milde? Wenn er dem geilen Kitzel eines Augenblicks zehn Jahre eures Lebens aufopfert? wenn er den Ruhm seiner Väter der sich schon sieben Jahrhunderte unbefleckt erhalten hat, in Einer wollüstigen Minute aufs Spiel setzt? Heißt ihr das euren Sohn? Antwortet? heißt ihr das einen Sohn?

D. a. Moor. Ein unzärtliches Kind! ach! aber mein Kind doch! mein Kind doch!

Franz. Ein allerliebstes köstliches Kind, dessen ewiges Studium ist, keinen Vater zu haben – O daß ihrs begreiffen lerntet! daß euch die Schuppen fielen vom Auge! aber eure Nachsicht muß ihn

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)