Seite:De Storm Zur Chronik von Grieshuus 081.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

     Und bald saßen sie sich gegenüber bei ihrem Piquet; und der Oberst war damit zufrieden.

     – – Als der Junker Rolf im siebenten Jahre war, lehrte der Vetter ihn lesen und nach Adam Riese rechnen; das konnte er, sogar auch mensa und amo dekliniren und conjugiren. Der Knabe lernte leicht und rief mitunter: »Ich kann’s doch besser noch als Du!« Dann freute sich der Vetter und lief zu dem Vater: »He, Oberst, höret, was Euer philosophus da redet!« und den Jungen, wenn er hintennach gelaufen war, bei den Ohren in die Höhe hebend, rief er: »Ich hab’s Dich doch gelehret, Tausendsakramenter!« 

     Des Knaben Freundin war eine alte Magd, die schon die Mutter als kleines Kind getragen hatte, die von hier zur Stadt und wieder von dort hieher zurückgebracht war. »Ich will Matten fragen!« rief der Bube, wenn er selbst nicht wußte, was er wollte. Sie hatte ihr Augenlicht fast ganz verloren und saß meist unten in der großen Gesindestube oder am Heerde in der Küche, beschaffend, was einem blinden Menschen möglich war; und wenn er sie gefunden hatte und auf sie losstürmend sie an der Schürze riß, dann sagte sie wohl: »Kind, Kind, gieb Ruh’; was willst Du denn? Bei Gott ist Rath und Tath!« und sah mit ihren todten in seine lebendigen blauen Augen. Und frug sie weiter: »Sprich, was willst Du, Rolfchen?« dann sprach er wohl ganz kleinlaut: »Weiß nicht, Matten;

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_081.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)