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Herz des Knaben dessen Arme zittern machte, hielt ihn der Alte mit der Hand zurück. »Halt, Rolf; ein so gestellet Thier darf nicht gefehlet werden!« 

     Da wandte ich mich um; ich wollte weiteres nicht sehen.

     »Nun schieß!« 

     Der Alte hatte es gesprochen; und es gab einen Krach, und durch die Dielen kam ein tobendes Geheul herauf. Noch hörte ich, wie der Wildmeister mit dem Knaben nach dem Hofe hinabging; dann, wie sie draußen mit Hans Christoph das erschossene Thier aus seinem Winkel zogen.

     – – »Ihr möget kein Blut sehen, Herr Magister!« sprach der Alte zu mir, da sie beide wieder in das Zimmer traten.

     »Ihr saget es«, entgegnete ich; »ich dachte an die Jungen des erschossenen Mutterthieres.« 

     »Das ist nun so«, sprach er und stand in sich versinkend vor mir; »’s ist doch kein schwanger Weib, aus dessen Schooß sich noch ein unreif Kind losreißen muß. Aber die jungen Wölfe sollen nicht verkümmern; ich und Hans Christoph,« sprach er wieder lauter, »holen sie noch heute Nacht; so lange wir die Brut nicht haben, ist der Wald nicht rein.« 

     Dann entzündete er ein Licht mit seinem Zunderkästlein, öffnete eine Kammerthür und ließ uns eintreten. Hier stand eine schlichte Bettstatt, davor ein großer Sessel, ein Mantel lag darüber.

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_121.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)