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In der Woche vor dem vierten Sonntage Epiphanias standen die zwei Leichen oben in dem großen Saale aufgebahret, und es war der Tag, an welchem die Beisetzung geschehen sollte, denn auch der Wildmeister sollte in die Gruft derer von Grieshuus; so, hieß es, hatte der Oberst es verordnet, weil er sein Leben um den letzten Sohn des Hauses zugesetzet.

     Als ich am Vormittage in den Hof kam, fand ich selbigen von Bauern ganz erfüllet, alt und jung, mit ihren Weibern, Kindern und Gesinde; der Oberst, sagte mir einer, habe sie herbestellt. Ich drängte in meinem langen Priesterrocke mich hindurch und trat in das Haus, wo auf dem Flur ein Rauchwerkdüften mir entgegendrang. »Wo ist der Herr Oberst?« frug ich eine Magd.

     »In seinem Zimmer«, sprach sie; »aber die alte Matten ist bei ihm; er wünschet ungestört zu bleiben.« 

     So stieg ich die Stufen der breiten Treppe hinauf und öffnete die Thür des großen Saales. Da waren nur die beiden Todten. Hohe Wachskerzen auf silbernen Kandelabern brannten an ihren Särgen, so mit einem Zwischenraume nebeneinander standen, und die Flammen knisterten leise, als müsse doch irgend etwas sich hier regen; hinter ihnen hingen lange Leinlaken vor den hohen Fenstern. Und da ich stand und mein Auge nicht von den Leichen wenden konnte, deren Angesichter zu mir gewendet waren, vernahm ich ein Rauschen wie

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_141.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)