Seite:De Thalia Band2 Heft6 060.jpg

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des Publikums zu trotzen, den er zu gewinnen verzweifelt.

Schon dieß wäre Grund genug zu einer Revision der Begriffe, die bei jener wohlmeinenden Aengstlichkeit zum Grunde liegen, um wo möglich zwo Gattungen von Menschen, die nur durch Mißverstand entzweit werden konnten, einander näher zu bringen. Vornehmlich aber kommt hierbei das Interesse der Kunst in Betrachtung, das mit dem Interesse der Menschheit in genauerer Verbindung steht, als man gewöhnlich sich einbildet.

In Ansehung der Mannichfaltigkeit des Stoffs hat unter allen Künsten die Poesie den weitesten Umfang, und bei ihr scheint es daher am nöthigsten, den Künstler auf gewisse Rücksichten bei der Wahl seines Gegenstands aufmerksam zu machen. Auch hält man die gewöhnliche Ausartung der Beredsamkeit in Sophisterei für ein warnendes Beispiel, um einen ähnlichen Mißbrauch der dichterischen Talente zu verhüten. Und gleichwohl ist es eben ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Redner und Dichter, der diesen bei der Wahl seines Stoffs zu einer größern Freiheit berechtiget, als jenen.

In so fern der Redner zu belehren, zu überzeugen, durch Erweckung von Leidenschaften eine bestimmte

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_060.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)