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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

Mein bester Prinz! – Er war aufgestanden, und ging im Zimmer herum, in ungewöhnlicher Bewegung.

„Wenn alles vor mir und hinter mir versinkt – die Vergangenheit im traurigen Einerlei wie ein Reich der Versteinerung hinter mir liegt – wenn die Zukunft mir nichts biethet – wenn ich meines Daseyns ganzen Kreis im schmalen Raume der Gegenwart beschlossen sehe – wer verargt es mir, daß ich dieses magre Geschenk der Zeit, feurig und unersättlich wie einen Freund, den ich zum leztenmale sehe, in meine Arme schließe? Wenn ich mit diesem flüchtigem Gute zu wuchern eile, wie der achtzigjährige Greis mit seiner Tiare? – O ich hab’ ihn schätzen lernen den Augenblick! Der Augenblick ist unsre Mutter und wie eine Mutter laßt uns ihn lieben!“

Gnädigster Herr, sonst glaubten Sie an ein bleibenderes Gut –

„O machen Sie, daß mir das Wolkenbild halte, und ich will meine glüenden Arme darum schlagen. Was für Freude kann es mir geben, Erscheinungen zu beglücken, die morgen dahin seyn werden, wie ich? – Ist nicht alles Flucht um mich herum? Alles stößt sich und drängt seinen Nachbar weg, aus dem Quell des Daseyns einen Tropfen eilends zu trinken und lechzend davon zu gehn. Jezt in dem Augenblick,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_121.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)