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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

In der Nacht zwischen dem 4ten und 5ten Junius brachte man ihnen die Sentenz in’s Gefängniß, nachdem sie schon schlafen gegangen waren. Der Herzog hatte sie dem Bischof von Ypern, Martin Rithov eingehändigt, den er ausdrücklich darum nach Brüssel kommen ließ, um die Gefangenen zum Tode zu bereiten. Als der Bischof diesen Auftrag erhielt, warf er sich dem Herzoge zu Füßen und flehte mit Thränen in den Augen, um Gnade – um Aufschub wenigstens für die Gefangenen; worauf ihm mit harter zorniger Stimme geantwortet wurde, daß man ihn nicht von Ypern gerufen habe, um sich dem Urtheile zu widersetzen, sondern um es den unglücklichen Grafen durch seinen Zuspruch zu erleichtern.

Dem Grafen von Egmont zeigte er das Todesurtheil zuerst vor. „Das ist fürwahr ein strenges Urtheil, rief der Graf bleich und mit entsezter Stimme. So schwer glaubte ich Seine Majestät nicht beleidigt zu haben, um eine solche Behandlung zu verdienen. Muß es aber seyn, so unterwerfe ich mich diesem Schicksale mit Ergebung. Möge dieser Tod meine Sünden tilgen, und weder meiner Gatinn noch meinen Kindern zum Nachtheile gereichen! Dieses wenigstens glaube ich für meine vergangenen Dienste erwarten zu können. Den Tod will ich mit gefaßter Seele erleiden, weil es Gott und dem König so gefällt“ –

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft8_077.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)