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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

bewachen, zu beschäfftigen, und auf Verminderung ihrer Anzahl zu denken. Man drückte sie also mit schwerer Arbeit, und wie man auf diesem Wege gelernt hatte, sie dem Staat sogar nützlich zu machen, so vereinigte sich nun auch der Eigennutz mit der Politik, um ihre Lasten zu vermehren. Unmenschlich zwang man sie zu öffentlichen Frohndienst, und stellte besondre Vögte an, sie anzutreiben, und zu mißhandeln. Diese barbarische Behandlung hinderte aber nicht, daß sie sich nicht immer stärker ausbreiteten. Eine gesunde Politik würde also natürlich darauf geführt haben, sie unter den übrigen Einwohnern zu vertheilen und ihnen gleiche Rechte mit diesen zu geben; aber dieses erlaubte der allgemeine Abscheu nicht, den die Egypter gegen sie hegten. Dieser Abscheu wurde noch durch die Folgen vermehrt, die er nothwendig haben mußte. Als der König der Egypter der Familie Jakobs die Provinz Gosen (an der Ostseite des Untern Nils) zum Wohnplatz einräumte, hatte er schwerlich auf eine Nachkommenschaft von 2 Millionen gerechnet, die darinn Platz haben sollte; die Provinz war also wahrscheinlich nicht von besonderm Umfang, und das Geschenk war immer schon großmüthig genug, wenn auch nur auf den hundertsten Theil dieser Nachkommenschaft dabey Rücksicht genommen worden. Da sich nun der Wohnplatz der Ebräer nicht in gleichem Verhältniß mit ihrer Bevölkerung erweiterte, so mußte sie mit jeder Generation immer enger und enger wohnen, bis sie sich zuletzt, auf eine der Gesundheit höchst nachtheilige Art, in dem engsten Raume zusammendrängten.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_006.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)