Seite:De Thalia Band3 Heft10 090.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

hatte, und man vorgab, daß er seinen Gefangenen laut erhaltener Ordre umbringen müsse, wenn er sich zu erkennen gäbe. Ein gleiches Schicksal drohte er auch demjenigen, der das Unglück haben sollte, das Geheimniß zu entdecken. Diese Drohung, die für beyde Theile gleich gefährlich war, machte einen solchen Eindruck, daß man, so lange der verstorbene König lebte, nie frey davon sprach. Der ungenannte Verfasser der Memoiren des Persischen Hofes, die bey Etranger, 15 Jahre nach Ludwig XIV. Tode, herausgekommen sind, war der erste, der es wagte, einige Anecdoten von ihm bekannt zu machen.

Seit der Zeit verbreitete sich der Geist der Freyheit sowohl in Schriften als im gemeinen Leben mit immer größerer Kraft über Frankreich. Das Andenken Ludwigs XIV. verlohr täglich mehr und mehr von seinem bisherigen Gewichte, man fieng an, ohne Rückhalt von jenem Gefangnen zu sprechen, und doch frägt man mich jetzt noch am Ende meiner Tage 70 Jahr nach Ludwigs XIV. Tode, wer wohl jener Mann mit der eisernen Maske gewesen?

Eben diese Frage that ich im Jahr 1719 an die unvergleichliche Prinzessin, die der Herzog liebte, ohne wieder geliebt zu werden, weil sie mich schon in den vollen Besitz ihres Herzens gesetzt hatte, und für den Fürsten nichts als Hochachtung empfand. Indeß war man damals überzeugt, daß der Herzog von dem Namen, den Schicksalen des Gefangenen, und der Ursache,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_090.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)