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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Arbeit, und lief mechanisch vor den übrigen her, welche Lasten zogen. Dieser Anblick rührte die Athenienser so sehr, daß sie verordneten dieses Thier auf Unkosten des Staats ins künftige besonders zu unterhalten.

Indessen bin ich es der Gerechtigkeit schuldig, auch die Fehler der Athenienser nicht zu verschweigen, denn die Geschichte soll keine Lobrednerinn seyn. Dieses Volk, das wir seiner feinen Sitten, seiner Sanftmuth, seiner Weisheit wegen bewundert haben, befleckte sich nicht selten mit dem schändlichsten Undank gegen seine größten Männer, mit Grausamkeit gegen seine überwundenen Feinde. Durch die Schmeicheleyen seiner Redner verdorben, trotzig auf seine Freyheit, und auf so viele glänzende Vorzüge eitel, drückte es seine Bundsgenossen und Nachbarn oft mit unerträglichem Stolze, und ließ sich bey öffentlichen Berathschlagungen, von einem leichtsinnigen Schwindelgeist leiten, der oft die Bemühungen seiner weisesten Staatsmänner zunichte machte, und den Staat an den Rand des Verderbens riß. Jeder einzelne Athenienser war lenksam und weichmüthig; aber in öffentlichen Versammlungen war er der vorige Mann nicht mehr. Daher schildert uns Aristophanes seine Landsleute, als vernünftige Greise zu Hause, und als Narren in Versammlungen. Die Liebe zum Ruhme und der Durst nach Neuheit beherrschte sie bis zur Ausschweifung, an den Ruhm setzte der Athenienser oft seine Glücksgüter, sein Leben und nicht selten – seine Tugend. Eine Krone von Oelzweigen, eine Inschrift auf einer Säule, die sein

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)