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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

selbst sich nie träumen ließ, daß man sie darstellen könnte, so vernimm von einem Kunstverständigen des Theaters den belohnenden Ausruf seiner höchsten Zufriedenheit: „Er hat sich trefflich einstudirt!“

Wahrlich! wäre fremde Anerkennung des eigenthümlichen Verdienstes der einzige Lohn, um welchen der große Künstler arbeiten möchte, ich zweifle, ob wir dann je ein Meisterwerk gesehen hätten. Ihn muß vielmehr, nach dem Beyspiel der Gottheit, der Selbstgenuß ermuntern und befriedigen, den er sich in seinen eignen Werken bereitet. Es muß ihm gnügen, daß im Erz, im Marmor, auf der Leinwand, oder im Buchstaben seine große Seele zur Schau liegt. Hier fasse, wer sie fassen kann! Ist das Jahrhundert ihm zu klein, giebt es keinen unter den Zeitgenossen, der im Kunstwerke den Künstler, im Künstler den Menschen, im Menschen den schöpferischen Demiurg erblickte; der eins im andern bewunderte und liebte, und alles, den Gott und den Menschen, den Künstler und sein Bild in den Tiefen seines eignen verwandten Wesens hochahndend wiederfände: – so führt doch der Strom der Zeiten endlich das überbleibende Werk und die gleichgestimmte Seele zusammen, die dieser große Einklang füllt, und in die lichte Sphäre der Vollkommenheit entzückt!

Auf diesen Vortheil, möge er viel oder wenig gelten, muß derjenige Künstler Verzicht thun, der weder

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)