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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

diese Ehre ist der Tugend entgegengesetzt! Stände, die tiefer als der Monarch, und höher als das Volk stehn, sind in ihr unentbehrlich: Als ob ihre Glieder zu Unterdrückung der Nation nicht mit dem Monarchen sich vereinigen könnten! Als ob es leichter wäre, daß von einem alle unterdrückt würden, als von mehrern die meisten: Als ob im Ersten Fall der Wille aller nicht sogleich der Unterdrückung ein Ende machte, während im andern der Wille vieler den Sieg mühsamer und seltner erhält! Nicht selten spricht in seinem Buche nicht der philosophische Schriftsteller, sondern der Präsident eines souveränen Gerichtshofs: So sehr ist es auch großen Männern schwer, von den Irrthümern ihrer Zeit und von den Vorurtheilen ihres Standes sich loszureissen, besonders wenn persönliches Urtheil die Bande noch fester geknüpft hat! Allein es ist rühmlicher, und vielleicht richtiger, zu sagen, Montesquieu wäre reich genug an Geisteskraft und Scharfsinn gewesen, um aus seinen großen Grundsätzen manche jener kühnen Wahrheiten herzuleiten, die man nachher aus ihnen entwickelt hat: allein, zu weise, um Märtirer-Ehre zu buhlen, zog er vor, für sein Zeitalter unter den Wahrheiten, die sein Stoff darbot, eine Wahl zu treffen, und nur diejenige auszuwählen, die es vertragen konnte: daher wurden von ihm Vorurtheile unangetastet gelassen, deren Kundmachung ihn selbst der Verfolgung preisgegeben, und vielleicht die Ruhe des Staats gestört hätte. In seinem Munde gleicht die

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_050.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)